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01.08.2001
Amt für wirklich wichtige Arbeit
Aktion auf dem Grenzcamp
Arbeitsamt 60311 Frankfurt 01.08.2001 Mein Zeichen:
S 354-1678 B 214-2134
Auftrag:
F 08901/438600 34456
Ihr Ansprechpartner:
Frau Flenzer
Telefon: 069/2171-0
Faxnummer: 069/2171-20
Sehr geehrte/r Dame/Herr,
ich freue mich, Ihnen folgende Arbeitsstelle vermitteln zu können
Tätigkeit: Bankräuber/Bankräuberin
Firma: Handwerkerinnung „Schnöder Mammon“
Voraussetzung: sicherer Umgang (am besten natürlich Erfahrung im Gebrauch) mit Handfeuerwaffen, Beherrschung des Satzes „Vollmachen, aber schnell!“ in verschiedenen Sprachen, gute Orts- und Fahrkenntnis, schnelles Reaktionsvermögen, kompetentes Erscheinungsbild, Flexibilität und Risikobereitschaft, ausgeglichener Hormonhaushalt (Adrenalin)
Lohn/Gehalt: erfolgsorientierte Bezahlung – wenn‘s klappt sind Sie natürlich die Heldin/der Held und fein raus –
ein Leben lang ausgesorgt!
Und geklaute Früchte sind doch am leckersten...
Arbeitszeit: das liegt ganz an Ihnen und: einmal ist keinmal, oder?!
zu besetzen: ab sofort, unbefristet
bei: überall da, wo es Banken gibt
Vereinbaren Sie bitte umgehend einen Vorstellungstermin. Wenden Sie sich bei obengenanntem Arbeitgeber. Nehmen Sie dieses Schreiben zur Vorstellung mit.
Bitte beachten Sie auch unsere Stellenangebote für Autohausdiebstähle und unsere Einführungskurse für Kleinkriminalität.
Bitte teilen Sie uns das Ergebnis Ihrer Verhandlungen auf keinen Fall schriftlich, telefonisch oder persönlich mit. Wir werden schon in der Zeitung davon lesen.
Beachten Sie bitte die Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Arbeitsamt
Rückseite: Rechtsfolgebenlehrung
Bankräuber/-räuberin
ist einer der rentabelsten Berufe, die wir vom Arbeitsamt vermitteln können. Ein Handwerk mit goldenem Boden.
Juristisch korrekt nennt sich Ihre Tätigkeit „schwerer Raub“ oder „räuberische Erpressung“ was je nach dem „mit Geiselnahme“ oder auch durch „mit Todesfolge“ ergänzt werden kann.
Ein oben noch nicht erwähnter wichtiger, klassischer Faktor und Voraussetzung für ein Leben danach in Saus und Braus, ist natürlich die: Flucht. „Nix wie weg!“ ist sozusagen der zweitwichtigste Satz und Schlachtruf den Sie beherrschen müssen – nach „Vollmachen!“.
Warum Sie eine oder mehrere Kreditinstitute überfallen sollen liegt auf der Hand und ist ja wohl klar.
Schon Brecht hat gesagt: Es ist immer noch besser eine Bank zu überfallen, als eine zu gründen.
Der Einfluss der Banken reicht in fast alle Bereiche des alltäglichen Lebens. Geld regiert die Welt and makes the world go round.
Und, auch das müssen wir betonen: Nicht Sie sind kriminell wenn sie den neuen Job ausüben, sondern die Banken schreiben seit Jahren schon Kriminalgeschichte. Mit Krieg, Rüstung, Zwangsarbeit, Unweltkatastrophen, Massenarbeitslosigkeit, Steuerhinterziehung und Devisenspekulation machen sie Superprofite und aggressive Geschäfte.
Gesellschaftspolitisch verhalten sich die Banken völlig asozial. Es gibt in dieser Gesellschaftsordnung nicht nur die Unterscheidung zwischen arm und reich, sondern darüber hinaus Zusammenhang von reich und einflussreich.
Wir möchten allerdings betonen: Banken sind nur Symbole des kapitalistischen Prinzips der Wertschöpfung und Profitmaximierung, dem alle Unternehmen – von den Banken, über die Automobilindustrie bis hin zum netten Bäcker von nebenan – unterworfen sind. Die oft vorgenommene Trennung in die vermeintlich „ehrenwerte Arbeit“ (Handwerk, Industrie) und die angeblich „skrupellose Finanzwelt“ ist falsch. Dass wir Ihnen den Job als Bankräuber/Bankräuberin anbieten, liegt also nur daran, dass dies am rentabelsten ist. Sie können natürlich zum Üben auch einen Bäcker oder das Autohaus überfallen.
Also denn: Nutzen Sie unser vielfältiges Weiterbildungskursangebot, denn um aktiv und nicht ohnmächtig die Banken mit ihren eigenen Waffen schlagen zu können, brauchen Sie mehr ökonomisches Sachwissen über den Kapitalismus. Erst wenn die Menschen sich mehr für diese ökonomischen Sachverhalte interessieren als für G. Schröders Zigarre, haben wir eine Chance auf eine andere, neue Politik.
Auf eine kritische Öffentlichkeit – And watch out for bankrobbers!
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