|
11.04.2005
Deutsche Selbstfindung
Die Linke und ihr Haß auf Israel
Einladung zu einem Vortrag in Halle
Im Sommer 2004 schrieb ein Besucher der Reilstraße 78, eines
selbstverwalteten linken Jugendzentrums in Halle, die Parole "Die
Jews, die!" [Fehler im Original] an die Wand der Herrentoilette. Die
Betreiber des Hauses waren zutiefst betroffen-empört-fassungslos"; auf
einem Plenum wurden Sanktionen gegen den Autor angekündigt. Als wenige
Wochen zuvor an gleicher Stelle die politisch korrekte Variante dieses
Aufrufs zum Pogrom bewundert werden konnte, war die Welt noch in
Ordnung. Ein Teil der Betreiber fand die Aussage "Viva Intifada!" zwar
"irgendwie problematisch". Handlungsbedarf wurde jedoch nur von einer
Minderheit angemeldet.
Diese Reaktion ist symptomatisch für das derzeitige Verhältnis der
deutschen Linken zu Israel. In Zeitschriften wie dem
Antifaschistischen Infoblatt, den Blättern des IZ3W oder der Jungle
World wird das Existenzrecht Israels zwar mittlerweile generös
anerkannt; Selbstmordattentate werden verurteilt. Ebenso empört man
sich in den entsprechenden Kreisen regelmäßig darüber, wenn die
ärgsten Feinde des jüdischen Staates die einschlägigen
Sprachregelungen von Zeit zu Zeit vergessen, sich verplappern und –
wie in Halle geschehen – offen aussprechen, daß die Parole "Viva
Intifada!" die Übersetzung des Schlachtrufes "Tod den Juden!"
darstellt. Ihr "Menschenrecht auf Israelkritik" (J. Wertmüller) wollen
sich jedoch auch die Freunde der kritischen Diskurskultur nicht nehmen
lassen. So diskutiert man mit Moshe Zuckermann darüber, ob die
Palästinenser nicht doch die "Opfer der Opfer" seien, überlegt, ob die
Shoa und die sogenannte Nakba, die Vertreibung der Palästinenser im
Unabhängigkeitskrieg, nicht doch als gleichberechtigte nationale
"Erzählungen" betrachtet werden können, denunziert das Zeigen der
israelischen Nationalfahne bei Demonstrationen als "zu identitär", und
behandelt die Parole "Viva Intifada!" als diskussionswürdige Grundlage
für ein ausgewogenes, faires und differenziertes Gespräch.
Im Rahmen des Vortrags soll zunächst noch einmal die Geschichte des
linksdeutschen Bedürfnisses nach Israelkritik dargestellt werden. Es
soll daran erinnert werden, wie deutsche Linke dieses Bedürfnis 1969
bei einem – glücklicherweise mißlungenen – Bombenattentat auf das
jüdische Gemeindehaus in Berlin auslebten; es soll gezeigt werden, wie
deutsche Antifaschisten den Nationalsozialismus, dem sie tagtäglich am
Küchentisch, in der Straßenbahn oder am Arbeitsplatz gegenübersaßen,
ausgerechnet in Israel bekämpfen wollten; und es soll darauf
hingewiesen werden, daß die neuerdings recht großzügig vorgetragenen
Bekenntnisse zum Existenzrecht Israels oftmals lediglich den
Hintergrund bilden, auf dem der jüdische Staat noch vehementer und
schamloser angegriffen werden kann. Abschließend soll noch einmal
festgehalten werden, was im Volxküchenmief besetzter Häuser, in
antiimperialistischen Infoläden und selbst beim Sonntagsbrunch
zahlreicher Diskurslinker auch nach fünfzehn Jahren antideutscher
Agitation noch immer gern geleugnet wird: Das Bedürfnis nach
Israelkritik steht nicht im Zusammenhang mit der konkreten Politik des
jüdischen Staates. Es ist vielmehr auf eines der zentralen
Konstitutionsmerkmale der deutschen Linken zurückzuführen – die Liebe
zu Volk, Heimat, Blut, Boden und Scholle.
AG "no tears for krauts" Halle
|