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10.03.2003
Kein Frieden mit Deutschland! Den antiamerikanischen Konsens angreifen.
Positionspapier zum Irakkrieg
Es scheint, als begleite der Krieg die Menschheit seit Anbeginn der Zeit. Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte kriegerischer Auseinandersetzungen. Wenn der Krieg strukturell auch immer ein menschenvernichtender und -verachtender Zustand geblieben ist, so muss er jedoch heute im Rahmen der neuen Weltordnungspolitik als ein in seiner Dimension veränderter wahrgenommen werden. Dennoch ist Krieg auch heute noch ein Prozess des Schreckens, auch in diesen Zeiten, in denen immer wieder gern behautet und geglaubt wird, die High-Tech Kriegsführung würde zur Minimierung der Opfer eingesetzt. Krieg bedeutet die massenhafte Tötung von Menschen, die Verletzung, Verkrüppelung und Traumatisierung von Hunderttausenden und das Ausradieren der wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Menschen noch auf Jahre nach dem Krieg.
Noch ist unklar, ob er kommen wird oder nicht. Wahrscheinlich ist es. Im Angesicht eines angekündigten Krieges hat sich auf den Straßen und Plätzen Deutschlands eine Friedensbewegung zusammengefunden, die kürzlich in Berlin und anderen Städten hunderttausende engagierte AktivistInnen gegen Amerika und „seinen“ Krieg, oder für das „irakische Volk“, oder gegen Israel oder traditionell gegen Blut für Öl oder gegen gleich gegen das alles versammeln konnte. Auch in Leipzig demonstrieren jeden Montag Tausende für „Frieden“. Die allermeisten unter ihnen gegen den „Cowboy“ Bush, viele für den gezähmteren Friedensbeschwörer Schröder und für das friedenserhaltende Deutschland.
In Tagen, in denen die Heerscharen der FriedensverteidigerInnen zumindest scheinbar selbst die Bundesregierung besetzt halten und größtenteils mit einer antiamerikanischen Friedensbewegung übereinstimmen, bestärken einige sichtlich verunsicherte Antideutsche, mit Verweis auf die real-blutigen Zustände unter dem Baath-Regime im Irak, die Vereinigten Staaten in ihren militärischen Bestrebungen in der Region. In dieser Situation erweist sich für uns eine gesellschaftskritische, nicht antiamerikanische und antimilitaristische Position als bitter nötig. Wir weisen die Forderung nach einer dichotomen Entscheidung für einen menschenverachtenden Krieg oder für menschenverachtende Friedenszustände zurück und fordern eine Perspektive, welche über die Verhältnisse von Krieg und gewaltsamen Frieden hinausweisen kann.
Der deutsche Weg
Während sich Deutschland, damals ohne den Widerstand einer Friedensbewegung, vor wenigen Jahren in Jugoslawien und in Afghanistan noch an den dortigen Kriegen beteiligte und ersteren mitinitiierte, findet sich heute unter den FriedensbefürworterInnen auch die deutsche Bundesregierung. Muss der Wille zum Frieden im Irak durchaus ernstgenommen werden, so ist der Schröder’sche deutsche Weg aber nicht als ein gewaltloser und
humanistischer Pfad in Richtung Emanzipation zu verkennen, sondern stellt sich als nationales Projekt der Durchsetzung eines bei Bedarf auch blutigen Weges deutscher Interessen
dar. So war es im Balkankrieg noch von Interesse für Deutschland und die EU, den föderalistischen Staat Jugoslawien in Kleinstaaten zu zerschlagen, die der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion positiv gegenüber stehen. Diese sezessionistische Politik bleibt abrufbar, wenn es deutschen Interessen gereicht. Auf dem Balkan wurde die eigene Schuld an Auschwitz in relativierender Weise in Verantwortlichkeit für die Verhinderung halluzinierter „Serbenhitler“ gewendet. Gleichzeitig konnte die in vielerlei Hinsicht aus der Wehrmacht hervorgegangene Bundeswehr ungeachtet der deutschen Geschichte als einsatzfähige Angriffsarmee etabliert und damit die uneingeschränkte Souveränität der Bundesrepublik wiederhergestellt werden. Mit der vorbehaltlosen Teilnahme am Anti-Terror-Bündnis Amerikas konnte sich Deutschland als verlässlicher Partner und auch weltpolitisch relevante Nation beweisen. Der rot-grüne, aber vor allem deutsche Weg führt ganz nach dem neuen Selbstverständnis Deutschlands von vor allem ökonomischer zu auch politischer Großmacht auf Weltniveau. Dieses neue politische Potential macht es wie im Falle der Irakintervention möglich, sich als Vertreter einer scheinbar anderen Konfliktlösungsstrategie – des zivilen Krisenmanagements – zu präsentieren.
Diese Strategie zeugt keineswegs von einer neuen deutschen Friedlichkeit, sondern ist als die adäquate politische Reaktion auf die mangelhaften militärischen Möglichkeiten Deutsch-Europas zu verstehen. In Verbindung mit Gremien wie den Vereinten Nationen und der von deutscher Seite angestrebten europäischen Einigung wird es möglich, die Vereinigten Staaten unter Druck zu setzen und Europa als politische Gegenmacht in Stellung zu bringen. Die gegenwärtigen Diskussionen um eine interventionsfähige bundesdeutsche Armee, die laut Verteidigungsminister Struck Deutschland auch am Hindukusch zu verteidigen habem, zeigen deutlich, dass es keine prinzipiellen Widerstände gegen Krieg gibt. Bei geänderter Interessenlage wird deutsche Politik auch wieder Krieg führen – ohne Zweifel auch zusammen mit Amerika.
In der gegenwärtigen Konstellation allerdings treten die antiamerikanischen Ressentiments von Teilen der Regierungsgeneration, welche die Administration der Vereinigten Staaten schon immer als einen Haufen unbedachter Cowboys vor Augen hatten, überdeutlich zu Tage: Die damalige Justizministerin verglich den amerikanischen Präsidenten mit Hitler, Kanzler Schröder sinnierte über Amerikas „beabsichtigtes Abenteuer im Irak“ und Scharping fabuliert von der „übermächtigen jüdischen Lobby in Amerika“, während deutsche Firmen weiterhin unbetrübt strategische Materialen in den Irak liefern, welche nach vollendeter Fertigung als Waffen gegen Israel benutzt werden können.
Die kriegerische Interessen- und Sicherheitspolitik Amerikas soll hier keineswegs verteidigt, jedoch muss die Falschheit des vehement vertretenen moralischen Vorsprunges der deutschen Außenpolitik klargestellt werden.
Im Gegensatz zum Balkan und Afghanistan stehen einer deutschen Beteiligung im Irak heute gewichtige ökonomische und politische Gründe entgegen. Die guten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem arabischen Raum sollen nicht gefährdet werden. Zudem besteht ein perspektivisches Interesse der europäischen Union an einer stärkeren Anbindung des Mittelmeerraumes, um die Etablierung einer zumindest ökonomischen Gegenmacht zur USA voranzutreiben. Deutschland – heute bereits wichtiger Handelspartner des Irak – würde ein Fall des Embargos wesentlich mehr nützen, als ein Irak unter amerikanischem Einfluss. Ein Großteil des arabischen Raumes „fühlt sich Deutschland verbunden“ (irakischer Außenminister) – nicht nur wegen der langen Tradition wirtschaftlicher Kontakte oder der geographischen Nähe Europas, sondern auch wegen ideologischer Übereinstimmungen, wie dem antisemitischen Weltbild und dem beiderseitigen Unverstehen der amerikanischen, kosmopolitischen Kultur als Bedrohung. Ein gemeinsames Feindbild verbindet.
Die platte Argumentation „den Amerikanern ginge es nur ums Öl“ ist so fraglich wie naiv. Den Deutschen geht es eben auch um Öl, denn das Verlangen nach einem niedrigen Weltmarktpreis für eben dieses beginnt schließlich bekanntlich an der Tankstelle. Da die Bundesrepublik einen Großteil ihres Ölbedarfes im Handel mit Russland deckt, ist das ökonomische Interesse am direkten Zugriff auf die irakischen Ölquellen jedoch eher bescheiden.
Dem Antiamerikanismus und der deutschen - von der amerikanischen verschiedenen - Interessenpolitik stehen oft widersprüchliche Interessen der Exportnation Deutschland an guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten entgegen, die einen Großteil des deutschen Exportvolumens realisieren.
Es ist die Gesamtheit dieser Gründe von Ökonomie bis Großmachtsambitionen und nicht etwa ein besonders ausgeprägter Humanismus und ein echtes Interesse an den Menschen in der jeweiligen „Krisenregion“, die Deutschland zur scheinbar friedliebenden Nation werden lässt.
Friedensbewegung
Angesichts der barbarischen Verhältnisse in Kriegszeiten warenproduzierender Gesellschaften wird verständlich, wieso sich bürgerliche Subjekte aller Couleur den Frieden innerhalb bestehender Vergesellschaftung herbeiwünschen und hoffen, dieser Friede möge ein „ewiger“ sein. Würde die Masse der deutschen Friedensbewegten ökonomisch-gesellschaftliche Mechanismen, wie den Zwang kapitalistischer Ordnungen zur Expansion und Intensivierung, mitreflektieren und erkennen, dass Krieg im Kapitalismus nicht abzuschaffen ist und Frieden heute kein gewaltloser und im Besonderen im Irak ein sehr blutiger Zustand ist, könnte diese Forderung nach Frieden schnell im Halse stecken bleiben. Würde Frieden als wirklich gewaltloser Zustand gedacht und gefordert, könnte das Verlangen nach ihm perspektivisch sogar auf eine positive Emanzipation von der kapitalistischen Gesellschaft hinweisen.
Dem ist leider nicht so.
Die Friedensverteidiger von ATTAC über Linksruck bis PDS ergehen sich in antiamerikanischen und teilweise offen antisemitischen Projektionen, welche Krieg nicht als den kapitalistischen Zuständen immanente Macht- und Interessenpolitik verstehen, sondern diese personifizieren und dann mit wahlweise G. W. Bush, „den Amerikanern“ oder gar mit Israel identifizieren und entsprechend für schuldig an den Verhältnissen erklären. Statt das heutige, sich global durchgesetzte kapitalistische System als ein apersonales – also von keiner Personengruppe gelenkt – zu begreifen, müssen Sündenböcke herhalten. Der kapitalistischen Ökonomien immanente Zwang, die Verwertung beständig zu intensivieren, ist heute mit einem nicht erst seit dem 11.September 2001 begründeten Sicherheitsinteresse der Amerikaner verknüpft. Beides forciert die kriegerische Durchsetzung der eigenen Interessen auf amerikanischer, wie auf deutsch-europäischer Seite. Paradoxerweise richtet sich diese, auch als Sicherheitsimperialismus deutbare Politik, gegen Störfaktoren der Vergesellschaftung wie materiell und ideologisch verelendende Subjekte, welche von den herrschenden Zuständen selbst hervorgebracht werden. Nicht umsonst sind emanzipationsfeindliche Islamisten in den vom Kapitalverhältnis zunehmend ausgeschlossenen Gebieten auf dem Vormarsch.
Obwohl Akteure in unterschiedlicher Ausprägung und Verantwortlichkeit existieren, ist nicht allein die rechtskonservative Administration Amerikas, die NATO oder die EU für die Reproduktion von Krieg und Kapitalismus verantwortlich, sondern auch jeder einzelne, die kriegsbedingenden Verhältnisse nicht infragestellender Mensch. Kapitalismus ohne Krieg ist unmöglich.
Es an der Zeit, die eigenen anachronistischen Imperialismustheorien und Welterklärungsmodelle zu entsorgen und sich nicht mehr nur gegenseitig antiamerikanischer und antizionistischer Ressentiments zu versichern.
Durch die verbreitete antiimperialistische Kritik an der hegemonialen Position der als „Weltpolizist“ verabscheuten USA scheinen teilweise überdeutlich die eigenen Großmachtträume hindurch. Dabei wird nicht die Gesamtheit der globalen Weltordnung kritisiert, sondern nur die Führungsposition der Vereinigten Staaten geneidet. Häufig wird unreflektiert, offen antisemitisch und geschichtsrevisionistisch die halluzinierte „Bevormundung“ durch die Amerikaner beklagt.
Der in Deutschland vor allem als Substitution für reale Macht gebrauchte moralisierende Verweis auf das Völkerrecht sollte von einer radikalen Linken als das entlarvt werden, was er eigentlich darstellt – eine positive Bezugnahme auf Nationalismus und strukturell in volksförmigen Kollektiven verankerten Rassismus. Nicht einmal der instrumentelle Umgang mit dem Völkerrecht, welches in Jugoslawien noch scheißegal war, wird kritisiert. Spätestens nach Auschwitz sollte sich eigentlich jegliche positive Bestimmung von Kategorien wie „Volk“ erübrigen. Derartig verkürzter Kritik ist nicht nur der Unwille zur Beendigung des Kapitalverhältnisses vorzuwerfen, sondern auch eine gehörige Immunität gegenüber der eigenen blutigen Geschichte. Die real mörderischen Zustände im Irak sind den Friedensbewegten kaum bekannt und angesichts der dortigen Verhältnisse wird die Begriffslosigkeit der Friedensbewegung, die allen Ernstes eine Erhaltung des momentanen „Friedens“ fordern, mehr als deutlich. Aus diesem Grund kann auch die Anwendbarkeit von real existierenden gewichtigen Gründen für einen Krieg, etwa zum Umsturz einer faschistischen Barbarei (z.B. des Dritten Reichs im Zweiten Weltkrieg) oder zur Verhinderung von eliminatorischem Antisemitismus von dieser blinden Friedensposition nicht diskutiert, sondern nur ignoriert werden. Krieg ist schlimm, aber es gibt Schlimmeres.
Eine Friedensbewegung dieser Konstitution kann kein Bündnispartner sein. Eine Bewegung, die durch Ressentiment, Reflexionsarmut und Affirmation der Verhältnisse bestimmt wird, ist in ihrer momentanen Verfasstheit kein Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
Die antideutsche Sackgasse
Die Reaktion der bellizistischen antideutschen Linken von Bahamas bis AKG-Leipzig auf die dunklen Motive des antiamerikanischen Teiles der Friedensbewegung und die mörderischen Zustände im Irak des Baath-Regimes unter Saddam Hussein kumuliert des öfteren in der Preisgabe einer Antikriegsposition. Diesem Teil der Antideutschen reicht die vage Hoffnung auf emanzipiertere Zustände und auf die Schwächung des antizionistischen Kollektives der „islamischen Fundamentalisten“ für die Legitimierung einer Militärintervention. Dass die Sicherheit Israels durch eine Destabilisierung der gesamten Region und irakische Raketenabschüsse während des Krieges auch durchaus negativ beeinflusst werden, dass die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen und die, im allgemeinen homogen gedachte, „islamistische Gefahr“ als Teil einer westlichen Feindbildstrategie unrealistisch überzeichnet sein oder dass sich der antizionistische Terror durchaus unbeeindruckt von einer Militärintervention zeigen könnte, wird dabei systematisch ausgeblendet. Angesichts der vielgestaltigen sich gegenüberstehenden Möglichkeiten einer zukünftigen Entwicklung verliert die Quelle der kriegerischen Hoffnung einiges ihrer Evidenz. Im Gegenteil kann die bereits seit den 70er Jahren vieldiskutierte Strategie der nachholenden Entwicklung im Trikont größtenteils als gescheitert beschrieben werden. Warum diese jetzt im Irak funktionieren sollte, wird nicht diskutiert, sondern schlichtweg behautpt.
Eine antideutsche Kriegslegitimation wird weiter der Realpolitik hinterherlaufen müssen, denn die „Achse des Bösen“ ist noch lang und die Zustände in vielen anderen Despotien und Diktaturen sind kaum weniger gewaltsam. Diese Politik spielt der Normalisierung der gesellschaftlichen Militarisierung in die Hände und wird es schwer haben, über die Verhältnisse hinauszuweisen, wenn die Inhalte der Diskussionen von anderen vorgegeben werden.
Der immer wieder erklingende Vorwurf, eine Antikriegsposition müsse automatisch die Zustände im Irak erhalten wollten, resultiert aus der falsch gedachten Dichotomie der Möglichkeiten. Wer gegen einen Krieg im Irak ist, muss sich nicht für Saddam Hussein und auch nicht für islamitische Wertvorstellungen entscheiden. Diese Dichotomie der Möglichkeiten entspringt dem derzeitig vorherrschenden Politikverständnis, dass man sich zwischen den real gegebenen Möglichkeiten zu entscheiden habe, anstatt das derzeit Nichtreale zu fordern.
Der antideutsche Vergleich des offensichtlichen Antisemitismus und Antizionismus der islamischen Bewegung mit der bürokratisch organisierten und industriell ausgeführten deutschen Massenvernichtung von Juden während des Zweiten Weltkrieges ist nicht nur bedenklich, sondern eine gefährliche Relativierung derselben. Mögen die Gemeinsamkeiten im Geiste unübersehbar sein, wenn der irakische Vize-Ministerpräsident Tarik Asis auf die Frage: "Erwägen Sie die Möglichkeit eines Angriffs auf Israel, falls die USA Ihr Land angreifen?" einem israelischen Journalisten entgegnete: "Es [steht] nicht auf meiner Tagesordnung, den israelischen Medien antworten zu müssen", so muss trotz allem Wort und Tat unterschieden werden.
Den barbarischen Tendenzen der kapitalistischen Vergesellschaftungslogik – Krisenbewältigung des zusammenbrechenden Systems oder nicht – rechtfertigend und beratend zur Seite zu stehen, muss in vielen Fällen in einer Affirmation westlich-bürgerlicher Werte und damit der bürgerlichen Gesellschaft enden. Ohne Zweifel hält diese im Vergleich zum repressiven irakischen Regime durchaus angenehmere Möglichkeiten für emanzipatorische Kritik bereit. Ob diese bequemeren Umstände der Realisierung einer kommunistischen oder anderweitig emanzipatorischen Position und Praxis zuträglich sind, stellt sich im fehlenden Licht historischer Empirie durchaus fraglich dar. Wo das bürgerliche Deutschland näher an emanzipierten Verhältnissen erkannt wird als der Irak, ist der Schatten westlicher Arroganz und ein stets rassistisch gedachtes Überlegenheitsgefühl der „abendländischen Kulturen“ nicht weit. Angesichts des realen Schreckens kriegerischer Zustände, deren einzige Sicherheit ist, dass sie das Sterben erst einmal nur intensivieren, kann ein Krieg im Irak angesichts der mehr als vagen Möglichkeit oder der bloßen Hoffnung auf emanzipiertere Zustände nicht legitimiert werden.
Fazit
Aktuelle linke Forderungen an die Bundesregierung nach einer konsequenten und dauerhaften Friedensposition müssen ungehört bleiben, da sie die Motivation der deutschen Friedenspolitik verkennen. Und so spielt auch die allgemeine Legitimität von Kriegen als Konfliktlösungsstrategie keine Rolle im öffentlichen Diskurs. Die real unmenschlichen und wohl auch während des geforderten künftigen „Friedens“ sehr blutigen Zustände im Irak verunsichern nur wenige der FriedensfreundInnen. Eine nicht vom antiamerikanischen Ressentiment getriebene Analyse der Zustände im Irak würde die Forderung nach dem Ende des Baath Regimes unter Saddam Hussein, welche wir aus den Reihen der Friedensbewegten erstaunlich selten hören, viel deutlicher vernehmbar machen. Fernab der momentanen Ablehnung des Irak-Konfliktes existiert in der Bevölkerung eine breite Zustimmung zum Krieg als Konfliktlösungsstrategie. Die widerstandlose Akzeptanz der Militarisierung der Europäischen Union, die letzten Endes auf die Durchführung von Kriegen hinausläuft, spricht eine deutliche Sprache.
Aus den beschriebenen Gründen ist für Linksradikale ein Zusammengehen mit der Friedensbewegung kaum denkbar. Für eine Linke würde ein Bündnis dieser Form eventuelle die Möglichkeit eröffnen, als linksradikaler Block Einfluss auf die Aktivitäten der Friedensbewegung zu nehmen. Jedoch wird aufgrund der Masse der Friedensbewegten aller Wahrscheinlichkeit nach eine inhaltliche Wahrnehmung unmöglich werden. Was blieb, wäre ein gemeinsames Demonstrieren mit zu Recht moralisch Empörten, Regierungsvertretern, Pfaffen oder Nazis ohne das eine inhaltliche Abgrenzung sichtbar wird.
Unser Anliegen an diesem Tag ist daher nicht nur der Protest gegen den beginnenden Krieg, sondern vor allem auch eine Kritik Deutschlands und des Antiamerikanismus/Antisemitismus in der Friedensbewegung.
Weitere Ziele unserer Kritik als Linksradikale stellen die gesellschaftliche Akzeptanz von Krieg und die sich darauf stützenden deutsch-europäischen Großmachtbestrebungen dar. Unsere Kritik kann praktisch werden, wenn wir Deutschlands antihumanistische und rassistische Flüchtlingspolitik, die extensiven Rüstungsexporte deutscher Unternehmen oder die innere und äußere Militarisierung der Gesellschaft thematisieren. Eine Position, die Krieg wirklich überwinden möchte, darf weder die menschenunwürdigen Zustände im Irak ignorieren, noch leichtfertig eine Legitimation eines ebenso menschenunwürdigen Krieges vornehmen und sie muss betonen, dass es nicht nur diese zwei Möglichkeiten gibt.
Aufgrund ihrer immanenten politischen und ökonomischen Konkurrenz, ihrer unabtrennbaren Expansions- und Intensivierungstendenzen und ihrer Unfähigkeit einem immer größer werdenden Teil der Menschheit ein schönes Leben fernab von Zwang und Armut zu ermöglichen, muss die globale kapitalistische Ordnung die Gefahr eines Krieges immer wieder reproduzieren. Es hilft also alles nichts - Kapitalismus muss weg.
Unsere Minimalforderung ist die Auflösung Deutschlands und die revolutionären Umsetzung einer globalen kommunistischen Perspektive für eine friedliche Zukunft der Menschheit.
Bündnis gegen Rechts Leipzig
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