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01.12.2002
Weg mit Hussein und dem Ba’th-Regime
Oder warum man entweder antideutsch oder gegen den Krieg ist
[Im Folgenden dokumentieren wir ein Flugblatt der Antideutsch-Kommunistischen Gruppe Leipzig (AKG), das als Reaktion auf den in der incipito Nr.3 erschienen Artikel "Antideutsch – Und trotzdem gegen Krieg" verfasst wurde.]
Nachdem sich in einigen Teilen der Linken herumgesprochen hat, dass man mit Israel schon irgendwie solidarisch seien muss und weder kämpfende islamistische Bewegungen noch panarabische Ideologen auf Frieden erpicht sind, scheint es trendy zu werden, das gute alte ich-bin-ganz-prinzipiell-gegen-Kapitalismus-Krieg-und-Unterdrückung-Weltbild zu verteidigen, indem man der antideutschen Kritik erstmal grundsätzlich recht gibt und sich so aus der Schusslinie bringt. Wenn dieses subjektive Unvermögen – statt sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, wird Kritik immer wieder rationalisiert – dann noch als Kritik einer „verbreiteten antideutschen Meinung [...] am Beispiel der [...] AKG Leipzig“1 ausgegeben und in der incipito veröffentlicht wird, dann ist es wieder mal an der Zeit, einige antideutsche Positionen klar zu stellen.
Appeasement und Gewaltspirale
„Viel wahrscheinlicher [bei einer US-Intervention im Irak] wäre ein Erstarken dieser [islamischer] Bewegungen mit entsprechend negativen Folgen – zum Beispiel für Israel.“ (AKA[M])
Die Rede von jener Gewaltspirale zwischen der westlichen und der arabischen Welt, welche die AKA[M] im Munde führt, reflektiert den Charakter des Antisemitismus nicht. Würde die Logik der Gewaltspirale auf den Überfall von fünf arabischen Nationen auf Israel im Jahre 1948 angewendet werden, müssten israelische Verbrechen, die diesem Angriff vorausgingen, ausfindig gemacht werden. Doch der Antisemitismus ist keine rationale Reaktion auf angebliche Verbrechen der Juden, sondern ein Welterklärungsmodell, welches dem Subjekt die nötige innere Identität gewährt, indem Selbstreflexion zu Gunsten einer Projektion ausfällt: „Die Juden sind die Bösen“. Ob die Bösen definiert werden als Gemeinschaftszersetzer, Homosexuelle, Gotteslästerer, Krisenboten, Volkszersetzer oder Spekulanten, stets wird sich der eigenen Identität vergewissert, indem die Bedrohung eigenen Versagens verdrängt und am Anderen exemplifiziert wird. Und da das Kapitalverhältnis einerseits die Unsicherheit in Permanenz erzeugt, zu ständigen Veränderungen führt und die Individuen zur ständigen Krisenbewältigung zwingt und andererseits fetischisiert den Menschen erscheint, besteht immer die Gefahr, dass ersponnene Bedrohungsszenarien und Verschwörungstheorien die Massen ergreifen. Krisenbewältigung zeichnete sich in der bisherigen Geschichte leider eben nicht durch die Beseitigung des Kapitalverhältnisses aus, sondern durch mehr oder weniger üble Verdinglichung; also durch eine Zerstückelung des falschen Ganzen in Gut und Böse. Richtig übel wird es dann, wenn der Antisemitismus zum Konstitut eines Kollektivs und somit zur gewaltigen Bedrohung für die Juden oder für die zum „jüdischen Prinzip“ dazugehörig Halluzinierten wird. Das Kollektiv von Antisemiten ist immer auch eines sich verfolgt fühlender Subjekte, die sich endlich im kollektiven Zusammenschluss der hindämmernden Apathie entledigen und zur Tat ausholen können. Ein Kollektiv setzt sich aus Subjekten zusammen, die sich einhellig dem Kollektiv ergeben und immer darauf erpicht sind, das zu antizipieren, was demnächst vom Kollektiv erfordert wird. Und da der Antisemitismus zur großen Tat immer erst noch aufruft, weil der Nährboden des Wahns – das Kapitalverhältnis – fortbesteht, erwachsen aus dem Kollektiv ständig neue Erfordernisse, die Produkte der eigenen Projektion noch effizienter zu bekämpfen. Die Gefolgschaft im Kollektiv kennt keine Erfüllung und „hasst ohne Ende“, da sie „weder ökonomisch, noch sexuell auf ihre Kosten kommt. So ist es eine Art dynamischer Idealismus, der die organisierten Raubmörder beseelt.“2 Der dynamische Idealismus antisemitischer Kollektive bedarf der ständigen Kampagne, um der panischen Angst, welche die vom Kapitalverhältnis Gedemütigten umtreibt, einen Feind zu geben. Die ständige Sittenwacht erfolgt in einem Kollektiv durch jeden über jeden. Wer auffällt, indem er den Maßgaben des Kollektivs nicht sich beugt, muss mit der Wut rechnen, die er bisher mitangetrieben hat; deren Charakter er nur zu gut kennt.
Ist dieser Antisemitismus als jener dynamischer Idealismus begriffen, der sich seine Feinde immer wieder neu schafft, macht auch die Rede von der Gewaltspirale keinen Sinn mehr. Denn erlangt der Antisemitismus durchs Kollektiv die Kraft zur Tat, gibt es nur zwei Möglichkeiten, ihm Einhalt zu gebieten. Entweder man beseitigt die Ursachen des Antisemitismus, indem man dem Kapitalverhältnis ein Ende setzt, oder man unterminiert durch Autorität die Mobilmachung des Kollektivs und damit die Tatkraft des Antisemitismus.
Es kommt derzeit darauf an – die Abschaffung des Kapitalverhältnisses steht nicht vor der Haustür, nur der Erhalt der Bedingungen der Möglichkeit des Kommunismus’ –, den antisemitischen Kollektiven durch Autorität deren Handlungsfähigkeit und damit die Grundlage des zur Tat schreitenden Antisemitismus zu entziehen. Es muss für die antisemitischen Subjekte klar werden, dass die Gefolgschaft in den antisemitischen Kollektiven keinen Sinn macht. Der antisemitischen Gewalt muss die Grundlage entzogen werden, denn die Schwäche des halluzinierten Feindes stachelt den Antisemitismus zur Tat an, während er nur in der Stärke des Gegners seine Grenzen erkennt. Sowohl an der Politik Arafats, als auch an der Husseins lässt sich das gut nachvollziehen. Nicht, wenn sie in Frieden gelassen wurden, sondern dann wenn der Druck groß genug war, haben sie sich auf Kompromisse eingelassen. Nicht die deutsche Völkerfreundschaft hat Saddam Hussein dazu gebracht, den Resolutionen der UN zu folgen, sondern der militärische Druck der USA. Es bleibt nur zu hoffen, dass Saddam Hussein als Führer und Galionsfigur der antizionistischen Bestrebungen im Nahen Osten von der Bildfläche verschwindet. Dies wäre ein harter Ausfall für den erstarkenden Antizionismus in der arabischen Welt, der Israel wohl eine Atempause in der Form verschaffen könnte, dass einerseits die von Hussein unterhaltenen Waffen nicht mehr Israel bedrohen würden und dass die von Hussein unterstützten Selbstmordattentate zurückgehen würden. Nicht die Gewaltspirale, sondern die Aufrechterhaltung des Status Quo ist die Gefahr für Israel, irakische Oppositionelle und andere Feinde des Islamismus und des irakischen Ba’thismus.
Exkursion ins Land des
schnauzbärtigen Antiimperialismus
„...nur erscheint es eben nicht richtig mal eben tausende Irakis zu töten, um eine proamerikanische Regierung und eine kapitalistische Vergesellschaftung zu forcieren.“ (AKA[M])
Es ist nicht unbedingt neu, die eigene Schludrigkeit im Denken antideutschen Positionen vorzuhalten. Als ahnte man schon, wir schrieben unsere Texte nicht „mal eben“, wird solche Fahrlässigkeit ins Feld geführt, um sich wieder nicht kritisieren zu müssen. So zeugt das Zitat entweder von einer Unkenntnis der Situation im Irak oder einer Abschirmung dagegen. Geben wir Nachhilfe:
Seit der Regierungsübernahme Husseins im Jahre 1979 sind über eine Million Menschen dem ba’thistischen Terror zum Opfer gefallen. Weitere 1,5 Millionen Menschen leben im Exil.3 Selbst geringe Vergehen werden mit Verstümmelung und Tod geahndet. So steht auf Diebstahl das Abhacken einer Hand, bei Wiederholungstätern das Brandmarken mit glühendem Eisen. Während Fahnenflucht mit Sanktionen von Abschneiden eines Ohres bis hin zur Ermordung bestraft wird, steht auf sogenannte Kollaboration mit dem Zionismus der Tod. Seit 1990 ist in der irakischen Verfassung die Bekämpfung sogenannter shu’biyah4 sowie die Förderung des djihad verankert. Ein Revolutionärer Kommando Rat als oberste Instanz des Staates verfügt über eine Sondergerichtsbarkeit und verhängt per Dekret unanfechtbare Strafen für „Volksfeinde“: Zumeist die Liquidation durch Erschießen, Erhängen, Überfahren oder Enthaupten. „Im Oktober 2000 etwa ließ Saddam Hussein an einem eigens erklärten ‘Tag der Ehre der irakischen Frau’ mehr als dreihundert Frauen öffentlich enthaupten, denen Prostitution zur Last gelegt wurde. Im März 2002 wurde mehreren Jugendlichen auf einem Marktplatz im Südirak die Zunge herausgeschnitten. Anschließend fuhr man die so verstümmelten auf einem offenen Wagen in einer Art Parade durch die Stadt.“5 Was liegt solch monströser Gewalt zu Grunde? Das Ziel der Ba’th-Partei ist die Errichtung eines Panarabischen Großreiches, welches es schon immer gegeben haben soll, dessen Staatlichkeit jedoch immer wieder von imperialistischen Feinden verhindert worden sei. Partei und Volk sollen eine Einheit bilden. Revolution heißt hier die Bewegung auf jenes Großreich zu – etwa im Kampf gegen Israel und als permanenter Selbstreinigungsprozess der Gesellschaft von ihren Feinden. Die angestrebte Homogenität erfasst alle Bereiche der Gesellschaft. Politische und private Opposition wird eliminert, Geschichte zurechtgelogen, jegliche Nonkonformität liquidiert mit dem Ziel der Identität von Gesellschaft und Pan-Arabischer Idee. Die kapitalistische Konkurrenz der Einzelnen hört in den verstaatlichten Großbetrieben nicht einfach auf. Sie übersetzt sich vielmehr in eine Art Konkurrenz ums identische Dasein. Niemand kann davor sicher sein, als Verräter enttarnt und bestraft zu werden, weil Identität von Individuum und Idee nicht erreichbar ist. Das einzige was bleibt, ist den Makel an anderen aufzudecken, als erster zu denunzieren: „Der ideale Bürger des Irak hat als Wiedergeburt des ‘neuen arabischen Menschen’ wie eine Geheimdienstmonade zu funktionieren, die, getrieben von Angst, abweichendes Verhalten jeder anderen Monade zur Anzeige bringt.“6 Hierin liegt die Besonderheit des Irak. In keinem anderen Staat „hat die Systematik des Strafens und der körperlichen Verstümmelung, hat die Kontrolle der Geheimdienste und Sicherheitsapparate einen derart zentralen Stellenwert wie im Irak, wo der allgegenwärtige Geheimdienst Mukhabarat nicht die Interessen des Militärs stützt, sondern dieses selbst kontrolliert und säubert. Kontrolle, Disziplinierung, Strafe und Vernichtung sind im Verständnis des irakischen Ba’th-Staates nicht nur Sanktionsmittel gegenüber abweichendem und unerwünschtem Verhalten, sondern zentraler Bestandteil eines ‘Ausformungsprozesses’ dem die gesamte irakische Gesellschaft unterworfen ist.“7
Schon angesichts dieser Empirie müsste die Frage der AKA[M] beantwortet sein: „...ob es für eine antikapitalistische Linke überhaupt tragbar ist, zu fordern das Zwangssystem einer arabischen Militärdiktatur mit der dazugehörigen Kommandowirtschaft durch das Zwangssystem des Kapitalismus [...] einzutauschen.“ Darüberhinaus weist die Frage aber auch auf einen Begriff von Gesellschaft hin, der gelinde gesagt, unter aller Kanone ist.
Der Zug fährt auf stählernen Gleisen,
die haben wir selber gelegt.
„Einer emanzipierten Gesellschaft muss kein Kapitalismus vorausgehen!“ (AKA[M])
Dies formuliert die AKA[M] mit einer unbegründeten Gewissheit, als ahnte sie schon, dass ihre These bei näherem Hinsehen mehr als wackelig ist. Schon das Wort Emanzipation weist auf die Verschlingung von zu Emanzipierendem und Zwang hin. Emanzipation ist ohne den zu überwindenden Zwang nicht zu denken. Dieser Zwang ist heute nicht mehr unmittelbar natürlicher Zwang, sondern bereits vermittelt, also gewissermaßen emanzipierter Zwang. Karl Marx denunzierte ihn deshalb polemisch als zweite Natur; die Menschen entscheiden noch immer nicht selbst über ihr Geschick, sondern es richtet das fetischistische Prinzip der Warenförmigkeit über Glück und Untergang der ihm unterworfenen Menschen. Polemisch kann dieser Begriff aber nur insofern sein, als die Menschen von der prinzipiellen Verwirklichung ihrer Freiheit gegen die Natur ausgehen und sich die Forderung nach persönlicher Freiheit und Wunscherfüllung zugeeignet haben. Hieran konnte Marx anknüpfen. Seine Kritik der politischen Ökonomie zog ihre Kraft notwendig aus dem Widerspruch von Anspruch und Realität der bürgerlichen Gesellschaft. Dieser war das Mal ihrer objektiven Falschheit: „Ein Widerspruch etwa wie der zwischen der Bestimmung, die der Einzelne als seine eigene weiß, und der, welche die Gesellschaft ihm aufdrängt, wenn er sein Leben erwerben will, der ‘Rolle’, ist ohne Manipulation, ohne Zwischenschalten armseliger Oberbegriffe, welche die wesentlichen Differenzen verschwinden machen, unter keine Einheit zu bringen“.8 Diesen Widerspruch hat erst die kapitalistische Gesellschaft hervorgebracht. Indem der Markt alte Abhängigkeiten zerriss, feudale Strukturen sprengte, zwang er die Menschen zu jenem nüchternen Blick, zu jener Realitätsgerechtigkeit, die Voraussetzung für Vernunft und damit eine vernünftig eingerichtete Welt ist. Was wäre aber, wenn dieser objektive Widerspruch nicht durch Aufhebung der gesellschaftlichen Bestimmungen vernünftig geschlichtet wird, sondern das Subjekt sich diesen blind unterwirft und alles, was es an sein unerreichtes Glück errinnert, an anderen bekämpft? Das klingt zunächst paradox. Wieso sollte sich das Subjekt Unlust und Unterordnung zur eigenen Sache machen? Die Attraktivität von Islamismus und völkischer Bewegung sprechen jedoch für sich. Wollte Marx die Entfaltung Aller auf der Grundlage der Entfaltung des Einzelnen, stehen kollektivistische Ideologien für die Unterdrückung Aller auf der Grundlage der Unterdrückung des Einzelnen, wobei sie die unerreichbare Identität von Ideologie und Sache unablässig an den Verhinderern ihres schönen Gleichklangs abreagieren müssen. Das hat sich sowohl im NS als auch im heutigen Islamismus auf den Wunsch nach Vernichtung der Juden verdichtet. Gleichzeitig entsteht Lust an der Unlust, heftet sich libido an ihre Unterdrückung. „Der Gewinn den sie [NS und moderner Islam] verheißen, liegt darin [...], daß sie die ‘Kulturfeindschaft’, die die Versagungen der Kultur den einzelnen auferlegt, in diese selber aufgenommen haben: Unbearbeitete, asoziale Regungen der frühesten Kindheitsphase eines jeden Menschen in pseudo-religiöse Vorschriften umgewandelt haben. Lust besteht darin, eigene Wünsche an anderen zu bestrafen, die Asozialität zur Grundlage der Sozietät zu erheben.“9 Das muss einschneidende Konsequenzen für Gesellschaftskritik haben. Dass ein versöhnter Zustand vernünftig wäre, zählt nicht, wo Vernunft nicht zählt. Emanzipation verliert ihre Evidenz. Darüber sieht die AKA[M] hinweg, als hätte es Auschwitz nicht gegeben. Für sie ist Antisemitismus zwar (immerhin) Anlass für die Solidarität mit Israel, nicht aber für Reflexion über die Bedingungen von Emanzipation und ihr Scheitern durch Regression der Subjekte: „Es bleibt offen, warum es anzustreben sein soll, einen Kapitalismus einzuführen, der die Wahnsinnigen produziert, die es zu bekämpfen gilt. Eine dergestaltige Forderung würde ein sehr eindimensionales Verständnis von der möglichen Entwicklung einer Gesellschaft offenbaren.“ Und so einfach ist es eben nicht. Zum einen stellt sich die Frage nach einer „Einführung des Kapitalismus“ nicht, weil der Markt längst alle Teile der Welt erfasst hat. Somit sind auch Islamismus und Ba’thismus keine vormodernen Erscheinungen, sondern die falsche, reflexartige Reaktion auf Kapitalverhältnis und Aufklärung. Kapitalismus „produziert“ nicht einfach wahnsinnige Djihadisten, deren größter Wunsch es dann ist, für die heilige Sache zu sterben und möglichst viele Juden mitzunehmen. Solcher Gedanke wirft Zivilisation und Barbarei unvermittelt ineins und fasst, konsequent zu Ende gedacht, den Nationalsozialismus als die zwangsläufige Verlängerung der Warenproduktion.10 Wie ein Betriebsunfall müssen dann diejenigen erscheinen, welche noch nicht dem Wahnsinn anheim gefallen sind. Will Denken der Barbarei nicht rechtfertigend zur Seite stehen, muss es den Widerspruch zwischen der vernünftigen Möglichkeit und der unvernünftigen Realität ohne den Griff nach Kausalitäten aushalten. Es lässt sich nicht stringent erklären, weshalb Menschen, statt den Kommunismus herbeizuführen, Islamisten werden und sich in die Luft sprengen. Solche Stringenz wider die Erfahrung zu behaupten, tötet den freien Moment des Subjekts, jenes Unbestimmte, dass die Voraussetzung für Revolution ist.
Ausblick
„Es ist das Wahrwerden des Traums von Saddams Regime, daß sich europäische Friedensbewegte seine ureigenen Forderungen auf ihre Fahnen schreiben.“ – so das Credo verschiedener Gruppen irakischer Oppositioneller im vergangenen Jahr.11 Leider lässt sich schon heute absehen, dass sie Recht behalten. Die deutsche Zivilgesellschaft demonstriert für einen Frieden im Irak, der so beschissen ist, dass man ihn noch nicht mal jenen Demonstranten wünschen will. Die deutsche Linke schmiedet fleißig an der Volksfront gegen den imperialistischen Aggressor USA und pseudokritische Friedensheinis, die nicht verstehen, was am US-Kapitalismus besser sein soll, als am irakischen Ba’thismus, labeln sich auch noch antideutsch.12 Eigentlich sollte man sprachlos sein, andererseits ist das alles auch nicht wirklich neu. „Jetzt wird er tugendhaft, nur um Anderen wehe damit zu thun. Seht nicht soviel nach ihm hin!“ Was Nietzsche in der Morgenröthe sagte, ist wahr und falsch zugleich: Mürbe macht die Omnipräsenz der Blödheit und doch findet sich nur in ihrem Anblick die Kraft, sie zu bekämpfen.
November 2002
Kontakt: akg-leipzig@inbox.lv
Fußnoten:
1 AKA[M], Antideutsch – Und trotzdem gegen Krieg, in: incipito Nr.3, Leipzig, Oktober 2002, S.20-21.
2 Horheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, Frankfurt a. M., 1971, S.154.
3 Nicht mitgezählt sind jene, die in der Zeit zwischen Putsch der Ba’thisten 1968 und der Präsidentschaft Husseins ab 1979 umkamen oder vertrieben wurden.
4 Nach ba’thistischer Ideologie sind das muslimische Nicht-Araber, deren einziges Ziel es sei, den wahren Islam und die Pan-Arabische Idee zu bekämpfen.
5 Osten-Sacken/Fatah, Saddam Husseins letztes Gefecht?, konkret texte 33.
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Adorno, Negative Dialektik, S.155.
9 Natascha Wilting, Psychopathologie des Islam, Bahamas Nr.38.
10 Dabei war für den NS gerade signifikant, dass marktwirtschaftliche Rentabilität, Grundprinzip kapitalistischer Gesellschaftlichkeit, ihre Stellung als Entscheidungskriterium einbüßte. Es zeigte sich in der Vernichtung von Juden der wahnsinnige Versuch der negativen Aufhebung des Kapitalverhältnisses.
11 www.wadinet.de/News/nw71_offenerbrief.htm – Hinweis durch Andrea Woeldike in „Saddam Husseins letztes Gefecht?“, hrsg. Osten-Sacken/Fatah, konkret texte 33.
12 AKA[M]: „Eine weitere Frage, die es zumindest zu stellen lohnt, wäre, ob es für eine antikapitalistische Linke überhaupt tragbar ist, zu fordern das Zwangssystem einer arabischen Militärdiktatur mit der dazugehörigen Kommandowirtschaft durch das Zwangssystem des Kapitalismus [...] einzutauschen.“ Und noch so eine wichtige Frage fällt uns ein: Kann eine antikapitalistische Linke überhaupt die Luftangriffe der Alliierten auf Deutschland tragen? Schließlich wurde da auch nur irgend so ein Zwangssystem durch ein anderes ersetzt.
Antideutsch-Kommunistischen Gruppe Leipzig
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