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left action - linksradikale Gruppen in  Leipzig - Archiv
 

03.10.2002

Krieg den deutschen Zuständen

Wer sich die Parole "Nie wieder Deutschland" auf die Fahnen schreibt, ist uns erst einmal sympathisch. Ebenso sympathisch sind uns Demonstrationen gegen Deutschland. Allerdings ist es mit einem markigen Schlachtruf längst noch nicht getan. 1.

Je öfter seitens der deutschen Linken Kritik an Deutschland laut wird, desto nachdrücklicher sollte man sich erkundigen, was ihnen dieses „Deutschland“ denn bedeute. Nicht, dass sich der Antiimperialismus unter dem Deckmäntelchen antideutscher Parolen versteckt; heute gegen Deutschland und morgen wieder gegen die USA und Israel demonstriert. Die Parole „Nie wieder Deutschland“ wird dann zur Lüge, wenn sie den Begriff „Deutschland“ nicht vor allem als barbarische Krisenbewältigung denkt, die vom unerreichbar scheinenden individuellen Glück sich abwendet und es zu vernichten sucht. Das verleugnete Glück erscheint dann in verzerrter Form als egoistische Habgier, böswillige Ausbeutung und mysteriöse Allmacht – an den Juden, als vermeintliche Inkarnation all dessen, wird es bekämpft. Auschwitz ist Synonym für den schrecklichen Höhepunkt dieses Wahns geworden. Damit ist es der Dreh- und Angelpunkt eines jeden „Nie wieder Deutschland“. Zugleich wird der Imperativ „Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe“ zum Maß einer jeden Kritik an den bestehenden Verhältnissen:
Auschwitz war weder ein absoluter Bruch mit der kapitalistischen Gesellschaft, noch deren Fortführung – es war beides. Dies kann nur verstehen, wer sowohl eine Kritik der politischen Ökonomie übt, als auch deren immanente Tendenz zur Selbstaufhebung erkennt – dass also das automatische Subjekt Kapital die Menschen mehr und mehr zu Automaten degradiert und ihrer Subjektivität beraubt und dass diese Erkalteten im Zustand völliger Ohnmacht überschnappen und sich im blutigen Kollektiv an halluzinierten inneren und äußeren Feinden, letztlich an den Juden, unaufhörlich abreagieren. Somit ist eine Kritik am Kapital, will sie die völkische Barbarei nicht ausblenden, auf eine spezifische an deutscher Krisenbewältigung angewiesen. Und umgekehrt muss eine Kritik an Deutschland auf die kapitalistische Gesellschaft verweisen – alles andere ist Ideologie.
Im Sinne dieser Dialektik sollte man darum nicht so kopflos rebellisch sein, das Fünkchen Hoffnung auf Emanzipation, dass die bürgerliche Gesellschaft in sich birgt, zu bestreiten. Dieses Fünkchen speist sich noch heute aus den bürgerlichen Revolutionen, deren Umwälzungen Marx im Kapital beschreibt: „Alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht, und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegenseitigen Beziehungen mit nüchternen Augen anzusehen.“ Marx hegte die Hoffnung, der vom Kapital gestiftete Zwang zum rationellen Denken würde zusammen mit dem bürgerlichen Streben nach persönlichem Glück zu jenem „Verein freier Menschen“ führen: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen“. Doch die Geschichte ist keine Einbahnstraße zum Paradies. Walter Benjamin wusste dies schon vor der industriellen Menschenvernichtung durch die Deutschen, als er über den Engel der Geschichte schrieb: „Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert.“ Ein Ausbruch aus dieser Katastrophe wäre eine Sprengung von innen. Die bürgerliche Aufklärung, historisch gewordene Voraussetzung für den Kommunismus, muss gegen sich selbst gewendet werden. Nur so kann das von ihr in kapitalistischer Form fortgeführte Elend durchbrochen werden.
Heute allerdings ist selbst das progressive Element der Aufklärung in Gefahr. Das selbstbezogene Streben nach Glück des Individuums verkehrt sich in ein selbstvergessenes Rasen des Kollektivs. Nicht nur die deutsche Geschichte legt davon Zeugnis ab, sondern heute vor allem auch die islamistische Ideologie mit ihrem aggressiven Antisemitismus und ihrer Elendsverherrlichung. Dagegen stellt das, was hierzulande unter „westliche Werte“ firmiert, das Bessere da. Es ist nicht zufällig, dass die „westlichen Werte“ in Deutschland meist diffamiert werden – als Werte, die anderen Kulturen aufgezwungen werden sollen, die also im Grunde eurozentristisch und rassistisch seien. Denn Deutschland darf sich getrost zu den Ländern zählen, denen jene „westlichen Werte“ aufgezwungen wurden. Und das war auch gut so, dass die Alliierten den nazistischen Deutschen die Zivilisation militärisch aufzwangen. Dennoch fordern gerade Linke immer wieder gern – Krieg dürfe kein Mittel der Politik sein und noch jede dämliche Volksgruppe2 sei gegen die westlichen Werte zu beschützen. Wer so redet, hat zwar das Zeug zum Friedensnobelpreisträger á la Arafat, jedoch nichts von islamistischer Ideologie verstanden, die im Kern ihrem deutschen Pendent in nichts nachsteht – möglichst viele Juden zu töten.
Erst kürzlich veröffentlichte die französische Organisation „Alliance Internationale pour la Justice“ eine Liste von Verbrechen, die seit der Machtergreifung Husseins begangen wurden:
Unabhängig von Krieg und Embargo seien seit 1979 fünf Prozent der Bevölkerung, d.h. über eine Million Menschen durch den staatlichen Terror zu Tode gekommen – weitere 1,5 Millionen wurden zwangsweise umgesiedelt.
Die Zeitschrift Konkret beruft sich auf Aussagen irakischer Oppositioneller und berichtet von den Wirtschaftssanktionen gegen den Irak: Das Regime rechtfertigt Folter und Hinrichtungen gegenüber dem UN-Menschenrechtsausschuss mit der Kriminalität infolge der Sanktionen und hungert die nichtverwertbare Bevölkerung aus, während Milliarden in die Wiederaufrüstung des Landes gesteckt werden.
Das brutale Vorgehen des Hussein-Regimes ist nicht neu. So wurde Giftgas nicht nur gegen Feindmächte eingesetzt, sondern auch gegen die eigene kurdische Bevölkerung im Norden des Landes. 1987 fanden 50 Giftgasangriffe gegen kurdische Dörfer statt. 1988 folgte dann der größte Giftgasangriff seit dem Ersten Weltkrieg gegen das kurdische Dorf Halabja. Finanziert wurde der Irak nicht zuletzt von Deutschland – Teile der Giftgasproduktion wurden sogar von deutschen Firmen bewerkstelligt, die gerade in Sachen Giftgas bekanntlich deutsche Wertarbeit leisten. Die Erleichterung des Technologietransfers zwischen Deutschland und Irak, welcher der irakischen Waffenproduktion dienlich war, fällt auch in diese Zeit. Federführend war hier der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Antisemit und Israelhasser Jürgen W. Möllemann. Der wusste schon damals, wem er im Kampf gegen Israel vertrauen konnte – Hussein. Und dieser schickte auch wenig später im zweiten Golfkrieg Scud-Raketen gegen Israel und drohte damit, die folgenden Raketen mit Giftgas zu bestücken. Wer von islamistischer Bewegung und irakischem Nationalismus nicht reden will, soll auch von den US-Interventionen schweigen.
Der Kampf gegen die Interventionen der USA heute ist unabänderlich der Kampf für den Frieden mit der islamistischen Gesellschaft. Dieser Frieden, ist der Frieden der Gewalt – (säkulare) Opposition ist verboten, Frauen werden bevormundet und mit Schleiern verhüllt, Askese ist Gebot und Ehebruch wird durch Steinigung bestraft.
Insofern sind die scheinbar auf Frieden zielenden Argumente der deutschen Linken, das glatte Gegenteil. Sie verdrängen, dass in den islamischen Ländern Krieg in Permanenz herrscht: Krieg gegen Homosexuelle und Menschen, die sich den islamischen Geboten widersetzen, Krieg gegen die individuelle Entfaltung, gegen Lust und zweckfreien Genuss, bisweilen gegen religiöse Minderheiten und gegen politische Opposition – vor allem aber ein Krieg gegen Juden. Ein Krieg, der alle Versuchung nach eigenem Glück als teuflische Verlockungen des dekadenten Westens und ein halluziniertes jüdisches Prinzip bekämpfen will. Ein Krieg also, der die eigene Bevölkerung, ob Willens oder nicht, in einem stumpfsinnigen Leben nach den unhinterfragbaren Geboten Gottes halten will. Und ein Krieg, der im Staat Israel, als Versinnbildlichung alles Verhassten, seinen direkten Feind ausgemacht hat. Ein islamisch-antisemitischer Krieg.
Diesem Krieg wäre Einhalt zu gebieten, statt über Missachtung der UNO seitens der USA zu schwadronieren – als säßen in der UNO nicht mehrheitlich die Vertreter dieser islamischen Mörderbanden – als verurteilten die UN Israel nicht wieder und wieder als rassistischen und aggressiven Staat – als würde also die UNO unabhängig jeglicher Ideologie ihre Entscheidungen treffen und nicht längst Partei gegen Israel ergriffen haben. Wir werden unsere Position zu etwaigen Militätinterventionen der USA weder von irgendeinem UN-Beschluss, noch von der Stimmungslage der deutschen Linken abhängig machen. Wer Kommunismus will, muss dessen Voraussetzung verteidigen – und die verkörpern heute Israel und die USA. Israel als bewaffneter jüdischer Staat, Konsequenz aus dem Scheitern des bürgerlichen Emanzipationsversprechens, der gescheiterten kommunistischen Revolutionen und verspätete Notwehr gegen die Deutschen. Die USA als weitgehend intakte bürgerliche Nation, die ihre Interessen3 im Nahen Osten vertritt und damit gegen den Islamismus vorgeht, was sie zum Verbündeten Israels macht. Diese militärische Hilfe kann, zumal nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, gar nicht hoch genug geschätzt werden. Denn der nach Vernichtung trachtende Antisemitismus kann nun gänzlich ungezügelt gegen Israel anstürmen – und er tut es, derzeit in der zweiten Intifada, welche die tiefe Solidarität, nicht nur der islamischen Länder genießt.
Gerhard Schröder hat mit seiner antiamerikanischen und auf den Irak bezogen antiinterventionistischen Wahlkampfmobilisierung nicht nur Stimmen gewinnen wollen. Bereits während der israelischen Offensive im Frühjahr spekulierte er öffentlich über deutsche Soldaten in Israel – freilich im Rahmen einer UN-Friedensmission. Gerade deshalb ist den USA bei einem Kampf gegen das Baath-Regime im Irak alles Gute zu wünschen, im Interesse Israels und im Interesse der Bewahrung einer Möglichkeit für eine kommunistische Revolution.
In diesem Sinne richtet sich unser „Nie wieder Deutschland“ auch gegen die deutsche Friedensbewegung, Hussein und die UNO und stellt sich zugleich hinter Israel und die USA.

Nie wieder Deutschland!

Leipzig, den 3. Oktober 2002
Antideutsch-Kommunistische Gruppe Leipzig
(ex Antinationale Gruppe)

Fußnoten:
1 Ziemlich dämlich z.B., dass gerade an dem Tag der deutschen Einheit die Fahnen derer vom Demonstrationsbündnis unerwünscht sind, die Deutschland vor sechzig Jahren niederrangen und damit auch die heutige Demonstration ermöglichten.
2 Wer uns an dieser Stelle des Rassismus bezichtigt, ist selbst in völkischer Ideologie verhaftet. Denn Kultur und Mentalität sind, weil gesellschaftlich hergestellt, kritikabel und nicht etwa dem Menschen schicksalhaft eingeschrieben.
3 Manche Linke nennen diese Interessenpolitik Imperialismus. Das ist uns übrigens ziemlich Wurst. Welche bürgerliche Nation vertritt ihre Interessen nicht? Hier geht es nicht um die Intention, sondern um das Resultat.

Antideutsch-Kommunistische Gruppe

 

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