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09.04.2002
Vortrags- und Diskussionsveranstaltung zur Zivilgesellschaft
Ausschlafen gegen Rechts
Seit dem Antifasommer im Jahr 2000 dümpelt die Post-Antifa orientierungslos vor sich hin. Mit dem Wegbrechen des Hauptaktionsfelds, dem Antifa-Politikbereich, tat sich plötzlich eine Sinnkrise auf, der Vereinnahmung von vormals eigen geglaubten politischen Symbolen, Inhalten und Rhetorik durch Rot-Grün schien man machtlos ausgeliefert.
In der Situation, einer ominösen Zivilgesellschaft gegenüberzustehen, die sich der eigenen Themen bemächtigte, wurde deutlich, wie wenig radikal und revolutionär die eigene Politik eigentlich war, wie weit man von etwas entfernt war, das den Begriff Antikapitalismus verdient gehabt hätte. Gleichzeitig war damit der Zeitpunkt erreicht, der die Notwendigkeit hervorbrachte, neuen Konzepten und Vermittlungsformen radikaler linker Politik ins Auge zu fassen, wollte man sich nicht völlig von politischer Praxis verabschieden.
Mit dem damaligen und immer noch fortwährenden "Aufstand der Anständigen" kam aber nicht nur eine "elende Diebin" zu besonderer Geltung, sondern auch ein konstitutives Element kapitalistischer Gesellschaft, das es ausnahmslos zu kritisieren gilt: Die Zivilgesellschaft, fungierend als staatstragendes Projekt, dem kapitalistischen System immanent und damit als nicht emanzipatorisch einzuordnen.
Versteht sich die Zivilgesellschaft mit Demokratie- und Menschenrechtsgebrabbel als Bürgerschaft im Staat, die ihre Pflichten wahrnimmt und dem Staat die Hand führt, wo er nicht ordentlich zu funktionieren scheint, glaubt sie korrigierend mit- und einwirken zu können. Tut sie dieses, dann aber ohne an der Richtigkeit von Produktionsverhältnissen und kapitalistischer Selbstzurichtung zu zweifeln - oder aber, indem sie die "profitgeilen" KapitalistInnen als Grund für die Ungerechtigkeiten in der Welt ausmacht.
In der Bejahung der herrschenden ökonomischen und damit gesellschaftlichen Verhältnisse durch die Zivilgesellschaft, wird das eigentliche Grundübel zwangsläufig ausgeblendet, eine für ernsthafte Problemerfassung notwendige gesamtgesellschaftliche Analyse findet nicht statt. Jegliches Agieren der Zivilgesellschaft muss deshalb unweigerlich im Sumpf verkürzter Argumentationsmuster stecken bleiben. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn beispielsweise Nazis nur als isoliertes Problem betrachtet und auch nur dann unerwünscht gelten, wenn sie dem Standort schädlich sind, Investition und Produktion behindern.
Will die Zivilgesellschaft wahrhaftige Verteidigerin von Frei- und Gleichheit sein, muss ihr scharf entgegengetreten werden. Mit dem Bekenntnis zum starken Staat als Garanten herrschender Ordnung ist gerade sie es, die außen vor lässt, dass im Kapitalismus Freiheit nur insofern besteht, als dass man sich verkaufen darf und Gleichheit nur darin, dass alle es müssen, wollen sie nicht verrecken.
Mit der Veranstaltung am 9.4. soll eine genauere Bestimmung und Analyse der Zivilgesellschaft geliefert, die Notwendigkeit einer umfassenden Kritik an ihr aufgezeigt werden. Es referieren Mitglieder des Bündnis gegen Rechts Leipzig.
Bündnis gegen Rechts Leipzig
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