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09.04.2002
Ihr seid das bessere Deutschland? Wir sind dagegen!
Diskussionsveranstaltung "Ausschlafen gegen Rechts?" 9.4.2002 + 19.30 Uhr + LiWi (Stockartstr. 11)
Seien es die NPD oder Kameradschaften, alle Nazis jammern über staatliche Verbote. Sie sehen sich als Opfer, denen die Rede-, Versammlungs- oder Vereinigungsfreiheit genommen wird. Sie halluzinieren sich auf die Seite der Gerechten und fordern „Argumente statt Verbote“. Eine Forderung, die wir unterstützen, weil klar ist, daß gegen Nazis Argumente die Form von Baseballkeulen (Allen) haben. Das bessere Deutschland will dagegen alles vom Staat verbieten lassen, was sich von ihm unterscheidet. Wer nicht zum besseren Deutschland gehört, soll die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. In Leipzig findet so kein Naziaufmarsch statt, ohne daß das Oberverwaltungsgericht in Bautzen verdammt wird, weil es mit abenteuerlichen Begründungen versehene Verbotsverfügungen der städtischen Ordnungsbehörde aufhebt. Es gibt keine Anmeldung eines Naziaufmarschs, ohne daß die staatlichen Behörden gebettelt werden, das Problem grundsätzlich zu verbieten. Wenn heute wieder ettliche von der Polizei zurückgedrängt werden, die solche Verbote fordern, können wir nur hoffen, daß sie dabei recht glücklich sind, denn es ist schließlich genau diese Staatsgewalt, unter die sie jedes öffentliche Leben unterworfen wissen möchten. Wie die Nazis sieht auch das bessere Deutschland den starken Staat als Ideal an und anläßlich der Leipziger Aufmärsche, sehen sich beide als sein Opfer. Für Nazis rührt dies vom mangelhaften Deutschsein des Staates, für das bessere Deutschland ist alles nur unverständlich. Beide wünschen sich, der Staat wäre endlich so stark, daß Schluß sei mit ihrem jeweiligen Gegenüber.
„Wir sind das Volk“, ruft es aus der Nazidemonstration. „Nein, wir“, schallt es vom besseren Deutschland wütend zurück. Natürlich hat das bessere Deutschland recht. Während Nazis versuchen, den Slogan auf ihre bedrängte Situation umzumünzen, so daß sie sich als Avantgarde eines Volkes fühlen können, in dessen Namen gegen es regiert wird, nimmt das bessere Deutschland ganz selbstverständlich für sich in Anspruch, ein Volk zu sein, das bei sich zu Hause bestimmen kann, wer wann was sagen darf. In der Diagnose, daß in Deutschland ein Volk in einer Gemeinschaft zusammenlebt, die sich gegen innere und äußere Feinde wehrhaft zeigt, sind sich beide einig. Das bessere Deutschland will aber nicht mehr Volksgemeinschaft sein, weil das schließlich schon die Nazis sind, sondern Zivilgesellschaft. Allerdings ist die Zivilgesellschaft in Deutschland sehr deutsch. Sie läßt sich von der Regierung ausrufen und ruft diese an. Selbst da, wo sie Opposition sein will, ist ihr höchstes Ziel mit dem Kanzler reden zu dürfen und nicht etwa Widerstand. Es gibt für sie eben nichts, was über Kooperation geht. Nazis stellen sich dagegen außerhalb des gesamtgesellschaftlichen Konsenses, deshalb wird das bessere Deutschland so wütend, wenn sie einfach lügen, sie wären „das Volk“.
„Lang lebe Israel!“, haben wir den Nazis beim letzten Mal entgegen gerufen, als sie sich ihr Palitücher um die Hälse zogen und „USA - internationale Völkermordzentrale“ skandierten. Das bessere Deutschland ist in solchen Fragen ziemlich verwirrt. Einerseits ist ihm klar, daß der antisemitische Wahn (eines vom Geld- und Weltjudentum gesteuerten Weißen Hauses) keine Basis ist, auf der sich die Interessen eines modernen Deutschlands „mit einer seit 1989 gewachsenen Verantwortung in der Welt, die auch eine militärische Komponente haben muß“, durchsetzen lassen. Andererseits reicht seine Kritik am Kapitalismus meist auch nicht weiter, als die Spekulation des Finanzkapitals oder die fehlende Bodenständigkeit internationaler Konzerne anzuprangern. Und in Bezug auf Israel fragt sich das bessere Deutschland auch, warum sich dort niemand an die Menschenrechte hält, die das bessere Deutschland doch als Konsequenz aus dem Nationalsozialismus jetzt weltweit militärisch mit durchsetzen will. Und so findet das bessere Deutschland im Antiamerikanismus der Nazis einiges Bedenkenswerte, denn obwohl erst die Reeducation die Werte von Freedom and Democracy in Deutschland bekannt machte, scheinen auch die von kapitalistischen Interessen durchdrungenen Amerikaner nicht so geeignet, gerechte Kriege zu führen, wie das der reinen historischen Lehre (daß gegen jede neue Form von Auschwitz und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu kämpfen ist) verpflichtete Deutschland. Während sich aber die Nazis mit ihrer Forderung, deutsche Soldaten nur für deutsche Interessen, als unfähig erwiesen haben, deutsche Interessen zu erkennen, läßt sich mit dem besseren Deutschland jeder Krieg führen. Vorausgesetzt die deutsche Armee kann dabei ihrer weltweiten Verantwortung gerecht werden.
Warum wir (wie andere, die nicht für Deutschland gekommen sind) überhaupt hier sind? Nazis haben - wie oben schon gesagt - immer ein paar in die Fresse verdient. Für weitere Informationen: http://www.nadir.org/bgr und http://www.left-action.de
Bündnis gegen Rechts (Leipzig)
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