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   Tatort Stadion | Leipzig | 17.03.2003_30.03.2003   

 | "Tatort Stadion" - Die Ausstellung in Leipzig | 

Im März dieses neuen Jahres 2003 wird die BAFF Ausstellung "Tatort Stadion - Rassismus und Diskriminierung in Fussballstadien" in Leipzig zu sehen sein. Zu diesem Anlass traf sich das Prasses Erben mit Leuten aus der Organisationscrew, die dieses Event nach Leipzig geholt haben und seit geraumer Zeit an der Konzeption und Umsetzung arbeiten, um der Leserschaft einen gewissen Überblick über den bisherigen Verlauf und den momentanen Stand der Dinge zu verschaffen. Das P.E. stellte Fragen an und sprach mit Ipsy, Dipsy, Lala und Po.

P.E.: Was war Eure persönliche und/oder politische Motivation die Ausstellung, dieses Event nach Leipzig zu holen und zu organisieren?
Ipsy: Ich wurde einfach angesprochen und gefragt, ob ich mich beteiligen möchte. Dabei komme ich nicht aus einem von Fußball oder Sportpolitik geprägtem Umfeld. Meine Motivation ergab sich eher aus meiner Aktivität beim Roten Baum Leipzig, wo wir versuchen viel mit Jugendlichen zu machen und denen dabei antirassistische, antisexistische Standards zu vermitteln. Die Ausstellung bot hier eine geeignete Möglichkeit gerade das politisch und von links etwas unterbelichtete Thema Fussball ins Gespräch zu bringen und kritisch zu beleuchten.
Lala: Ich als Fußballfanin wurde gerade in den letzten Jahren des öfteren mit Nazis in Stadien konfrontiert. Besonders in Leipzig besteht hier meiner Meinung nach ein recht großer Aufarbeitungsbedarf und die Ausstellung bietet hier einen guten Weg, eben weil auch die Öffentlichkeit wenig mit dieser Problematik konfrontiert wird, diese Thematik endlich einmal ins Blickfeld zu rücken, einer größeren Öffentlichkeit publik zu machen.

P.E.: Das leitet zwangsweise dazu über zu fragen, welche Ansprüche ihr mit der Ausstellung verbindet, d.h. was sollte mit ihrer Durchführung erreicht werden und was sollte sich in Leipzig vielleicht verändert haben, nachdem sie hier zu sehen war?
Dipsy: Eben das, was gerade gesagt wurde. Die Problematik soll publik gemacht werden, im Gespräch gehalten werden und sich möglichst solange in hoffentlich folgenden Veranstaltungen und Diskussionen niederschlagen, bis sich etwas ändert.
I.: Neben der Ausstellung soll es auch zahlreiche Veranstaltungen geben, von denen auch der Rote Stern einige angeregt hat, die speziell für die linke Szene gedacht sind, wobei das Konzept nicht nur linke Kreise ansprechen will.

P.E.: Die Ausstellung ist also nicht eine Sache nur für die linke Szene, für "Connewitz"?
L.: Eigentlich überhaupt nicht! Zum einen soll sie natürlich auch in der linken bewirken, dass Fußball nicht nur als prollige Sportart gesehen wird, damit auch hier ein Betätigungsfeld für eine linke Politik erkannt wird und sich nicht alles auf den Roten Stern projiziert, denn gerade aus dem Eingangs geschilderten Bild, wie es sich in den Stadien seit Jahren zeichnet, muss auch eine Linke darauf aufmerksam gemacht werden, dass hier einiges im Argen liegt. Stadien sind seit langem Tummelplätze für Deutschprolls und Rekrutierungsebenen für Nazis! Zum anderen sollen auch Jugendliche, Schüler, Journalisten, Bürger aufgeweckt und sensibilisiert werden.
Po: Eine Sensibilisierung für die angesprochenen Problematik soll erreicht werden. Gerade wenn mensch bedenkt, dass Fußball in Deutschland, ja fast in ganz Europa, der beliebteste Sport, besonders auch Breitensport schlechthin ist.
L.: Gleichfalls, neben der Aufmerksammachung, sollen auch Leute motiviert werden sich in den Clubs, in den Stadien selbst zu engagieren, um Rassismus, Sexismus, faschistischem Deutschgeprolle und Nazis entgegenzuwirken. Dieser Scum muss endlich aus den Stadien verschwinden.
I.: Hierzu sollen zum Beispiel auch die Fanbeauftragten der beiden Leipziger Clubs, also Chemie und Lok, auf ein Diskussionspodium geladen werden, wo die Problematik und deren Entwicklung in den vergangenen Jahren, speziell seit der Wende erörtert und beleuchtet werden soll.
L.: Das letzte Derby hat die Wichtigkeit dieser Thematik und den Handlungsbedarf allzu deutlich aufgezeigt. Gerade die Publikmachung in der Öffentlichkeit stellt sich hier als auch sehr bedeutend dar, gerade wenn Leute wie der Clubpräsi wieder davon faseln, dass es sich bei den Spruchbandschreibern und Parolegrölern nur um unorganisierte, von ausserhalb stammende, versprengte Nazis handle und nicht um eigentliche, korrekte VfB - Fans. Das der gesamte Gästeblock gedanklich und stimmlich "strammstand" war in dieser Betrachtung wohl nebensächlich.

P.E.: Die Ausstellung kommt im März. Wie ist denn der Stand der Vorbereitung? Was ist klar, was unklar?
I.: Der Raum ist klar. Nämlich die Galerie für zeitgenössische Kunst. Die finanzielle Unterstützung ist klar, da uns EU - Gelder genehmigt worden sind. Gleichfalls gibt es diverse Benefizsachen, womit die Finanzlage eigentlich geklärt ist. Die Veranstaltungen, die stattfinden sollen sind auch fast alle unter Dach und Fach.
L.: Unterstützung wird unbedingt noch bei inhaltlichen Sachen gebraucht, wie die ominöse Themenwand. Weiterhin werden noch Leute für logistische Sachen, wie Auf- und Abbau gesucht, ebenso Personen, die als BetreuerInnen, BeaufsichtigerInnen und "FührerInnen" fungieren sollen.

P.E.: Na gut, wenn jemand Interesse hat wo, wie und wann kann er sich melden? Wie sind Eure Strukturen?
D.: Wir treffen uns jeden Montag, 18.30 Uhr im Linxnet in der Bornaischen Strasse. Das ist ein offener Treff, an dem sich jeder und jede jederzeit beteiligen kann und sollte! Wir suchen dringend noch Leute! Außerdem wird es eine Internetseite geben, die Adresse wird noch bekannt gegeben werden.
L.: Unsere Struktur setzt sich zusammen aus Leuten vom Roten Baum, vom Roten Stern Leipzig und Leuten aus anderen kleinen Gruppen, die angesprochen worden und nun die Ausstellung unterstützen. Wie das Courage- Netzwerk, das an Schulen Jugendliche anspricht. Weiterhin linke Gruppen in und außerhalb Leipzigs.

P.E.: Wenn ihr sagt, dass noch Leute gesucht werden und aus irgendwelchen Gründen die eine oder andere nicht unwichtige Sache noch nicht geklärt ist, bedeutet dies, dass solche Dinge dann wegfallen?
P.: Nein, wegfallen wird nichts! Alles ist im Konzept geplant und soll auch so gemacht werden! Allerdings haben sich einige von denen, die uns helfen wollten verabschiedet, ja fast im Stich gelassen. Besonders vom Roten Stern sind wir sehr enttäuscht. Gerade vom RSL, aufgrund seines hohen Mobilisierungspotentials von Leuten, hatten wir uns mehr erwartet, eben damit nicht alles auf den Schultern von wenigen liegt und Verdächtigungen von elitärem Handeln aufkommen. Für jemanden, der sich nicht daran beteiligt, dennoch interessiert ist, ist es im Nachhinein immer sehr leicht, am Konzept herumzunörgeln. Wenn solche Kritik aber nicht eingebracht wird, können auch keine Alternativen zur Debatte stehen!

P.E.: Ihr habt es gerade schon angesprochen. Wie seht ihr die Problematik zwischen Euch und dem RSL, die sich entwickelt hat seit klar war, dass die Ausstellung nach LE kommen soll. Viel war von Ängsten die Rede, von fehlender Transparenz und Kommunikation über fast ein Jahr hinweg. Weiterhin wurde das Übergehen und Umgehen der Strukturen des RSL bemängelt, also z.B. die Auslassung der Möglichkeit Plenum, um Leute zu erreichen. Wie geht's weiter?
L.: Gut, das die Transparenz anfangs gefehlt hat ist irgendwo vielleicht einzusehen! Allerdings haben wir erst sehr spät angefangen zu arbeiten und die Dinge, an denen vorher gearbeitet wurde, hatten noch nichts direkt mit dem RSL zu tun. Die mussten erst einmal geklärt sein. Unsere eigentliche Arbeit hat sich auch immer wieder verzögert, da lange nicht die genauen Dates klar waren. Dann sind wir ins Plenum gegangen, um unser Konzept vorzustellen. Nach zwei weiteren Treffen, wo RSL-Members kommen konnten, waren wir so schlau wie vorher, da uns kein Feedback erreicht hat. Der RSL ist seit November nicht wieder an uns herangetreten. Das einzige was die Runde macht sind erschreckend destruktive Gerüchte! Diese haben die Situation weiter und unnötig verschärft. Fakt ist, dass wir gerade bei einigen Veranstaltungen auf den RSL bauen.
D.: Ich meine, dass es gerade nach dem letzten Selbstverständnis des RSL, welches im Incipito zu lesen war und wo auch die Konzentration auf sportpolitische Sachen beschrieben war, ein Armutszeugnis ist, ja, dass es völlig unverständlich ist, dass der RSL dann bei solch einer Möglichkeit wie dieser Ausstellung kein sich in aktiver Mitarbeit darstellendes Interesse zeigt. Ich erwarte, dass uns hier in der verbleibenden Zeit etwas mehr Feedback erreicht.
L.: Ich bezweifle zudem, dass wenn die Transparenz eher vorhanden gewesen wäre, mehr Leute mitgemacht hätten oder in dieser Zeit irgendwas passiert wäre. Letztlich wird doch immer alles aufgeschoben und dann aufgrund mangelnder Vorbereitungszeit abgesagt. Ich glaube, das wäre hier nicht anders gewesen. Zudem hat sich in den letzten drei Monaten bezüglich konkreter Anfragen an den RSL nichts getan. Es ist fast schon wieder zu spät. Warum die Kommunikation so schlecht ist weiß ich auch nicht.
I.: Bei den größeren Treffen kamen ja gerade vom RSL viele sehr interessante und belebende Vorschläge für das Konzept, wie die Derby-Diskussion oder ein Fußballhallenturnier usw. Allerdings fand ich die Atmosphäre da schon sehr unterkühlt. Alles schien schon auf dem Prüfstand zu stehen und nach vorgefertigten Parametern bewertet zu werden. Zudem ist es traurig, dass die Leute mit den Vorschlägen dann nicht mehr kamen und sich nicht mehr beteiligten.

P.E.: Was bedeutet das jetzt für die Ausstellung im März?
D.: Ich denke, dass durch die Mitarbeit vieler Einzelpersonen, auch aus dem RSL-Umfeld, die Ausstellung, so wie wir sie geplant haben, durchgeführt werden kann. Der Grad der Beteiligung des RSL darf und wird nicht über das Schicksal, das Sein oder Nichtsein der Ausstellung entscheiden. Sie findet statt!
P.: Die Veranstaltung findet statt, aber natürlich wäre es besser, wenn sich der RSL, gerade als Fußballverein, der Leute erreichen will und für politische Themen sensibilisieren will, daran beteiligen würde. Es wäre geradezu paradox und von seinen Ansprüchen her lächerlich, wenn er dies nicht täte! Vielleicht mal weniger Reden und mehr Aktivität zeigen! Von einzelnen Leuten mal abgesehen. Aber so oder so, die Ausstellung kommt im März!

P.E.: Danke.

 | Prasses Erben #16, 01/2003 | 

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