Thesen zum Thema: Verhältnis zur Zivilgesellschaft und der liberalen ÖffentlichkeitJunge Linke
Linksradikale Politik hat es darauf abgesehen Staat und Kapital zu
beseitigen. Sie stellt nicht die soziale Frage in dem Sinne, daß sie
sich um alternative Vorschläge zur Verwaltung der Probleme der
Gesellschaft kümmert. Ausgangspunkt sind die Probleme, die die Leute mit
der Gesellschaft haben, zeigt auf, wie diese in der Gesellschaft ihr
Fundament haben und fordert ihre Adressaten auf, daraus praktische
Schritte folgen zu lassen.
Das Vorgehen gegen Nazis kann zwei Gründe haben:
Die Garantie von Freiheit in der bürgerlichen Gesellschaft ist weder nur
eine hohle Phrase, noch deswegen eine gute Sache, sondern darin steckt
ein hartes Brett: Die Freiheit des Menschen mit Bewußtsein und Willen
ausgestattet, also kein Reiz-Reaktionsschema zu sein, ist etwas, was dem
Menschen immer zu eigen ist und dafür braucht man auch keinen Staat.Wenn der Staat also Freiheit garantiert, dann verbirgt sich dahinter die Garantie einer Sphäre, in der nur der eigene Wille gilt oder er verpflichtet den Willen auf Bahnen, innerhalb derer er überhaupt zugelassen ist. Diese Sphäre der Freiheit ist das Eigentum. Dieses ist ein Verhältnis, worin jeder andere Wille über eine Sache zu bestimmen, ausgeschlossen wird. Der Eigentümer kann mit seinem Eigentum machen, was er will und der Staat garantiert ihm, daß ohne seine Erlaubnis, niemand anders mit der Sache was anstellen kann. Bei Zahnbürsten ist das noch nicht weiter schlimm, spannend wird dieses Verfahren dann, wenn es um den Besitz der Bedingungen geht, etwas nützliches herzustellen: Produktionsmittel und Natur. Diejenigen, die so was nicht besitzen, bleibt nur ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Den eigentümlichen Gesetzen der kapitalistischen Produktionsweise gemäß, sind nicht alle Sorten Eigentum gleichermaßen brauchbare Mittel, um sich ein gutes Leben zu organisieren und neben dem Reichtum, der sich in manchen Händen ansammelt, stellt sich die Armut ein. Gleichheit besteht dennoch: Der Staat abstrahiert von den ungleichen materiellen oder auch körperlichen Mitteln, um allen Bürgern gleichermaßen das Recht zu garantieren und auf dieses zu verpflichten. Jedem ist es gleichermaßen in Paris verboten unter Brücken zu schlafen und jeder darf sich gleichermaßen ein Schloß kaufen und darin thronen. Indem der Staat das Eigentum und den Schutz der Person, welche die Voraussetzung für Vertragsfähigkeit ist, schützt und Mittel in der Konkurrenz verbietet, die den Willen über das Eigentum nicht respektieren, wie unmittelbare physische Gewalt, beschränkt der Staat die Eigentümer in der Wahl der Waffen, wie sie ihre Konkurrenz untereinander auszutragen haben und ermöglicht damit überhaupt das Konkurrieren. Hinzu kommen weitere Leistungen des Staates: Damit die bornierten Privatinteressen nicht die Flüsse in Kloaken verwandeln, die Kinder vor der Zeit totarbeiten lassen und im Straßenverkehr die billigen, aber gefährlichen Schrotthaufen unterwegs sind, entzieht der Staat bestimmte Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ganz konsequent der Profitmacherei und dem privaten Geschäftsinteresse. Er herrscht der Gesellschaft bestimmte Regeln auf, deren Verletzung er bestraft. Der Staat beschränkt also die freie Verfügung über das Eigentum, damit die Gesellschaft mit diesem Prinzip weiterläuft. Um den Eigentümern zu dienen, beschränkt der Staat diese. Die Leistungen der politischen Gewalt, die in der Tat die Funktionsfähigkeit der gesamten Gesellschaft im Auge hat, erscheint den meisten Menschen als Schutz vor der harten Welt der privaten Interessen. Der Staat ist für diese Sorte Gesellschaft unverzichtbar und die positive Stimmung zu ihm ergibt sich zumindest für alle, die sich über die Verhältnisse nicht so viel Gedanken gemacht haben. An sich kennen die meisten den Widerspruch zwischen Staatsbürger und Privatsubjekt und zu Recht vermuten sie auch bei allen anderen den Konflikt zwischen dem eigenen Interesse und dem Allgemeinwohl. Wo kämen wir denn dahin, wenn das alle machen wollen das kann sich der Staatsbürger schon vorstellen, was die Privatsubjekte so machen würden, wenn kein Staat da wäre, der das verhindert. Die feindselige Stellung der Einzelnen ergänzen die darum durch den positiven Bezug auf das gemeinsame Interesse an dem Spielregler der wechselseitigen Feindseligkeit: Das allgemeine Wohl, das Wohlergehen der Nation. Sich um dieses zu kümmern ist der Beruf der Politiker und sowohl bei diesen, als auch bei ihrem Fußvolk sind Übergänge vorhanden, auf welches Moment des Wohles der Nation der Schwerpunkt gelegt wird: Das Allgemeinwohl kann so vorgestellt werden, daß es als ständige Aufgabe begriffen wird, der Reichtumshäufung in privater Hand zu dienen, indem man Wirtschaftspolitik betreibt und für einen geregelten Wirtschaftsablauf sorge tragen will. Also: BSP steigt, also hat sich der Reichtum der Nation gesteigert, wobei bei dieser Rechnung natürlich nicht die Lage jedes Einzelnen interessiert. Oder aber das Wohl der Nation wird so heilig aufgefaßt, daß es sich an materiellen Privatinteressen gar nicht relativieren darf: Du bist nichts, dein Volk ist alles. Resultat der Überlegungen: Auf die Menschenrechte kann man sich nicht positiv beziehen, weil sie für eine Ordnung sorgen, in der Armut beständig vorhanden ist; eine Ordnung, in der die Leute ihre Bezugnahme auf den Staat als Nationalismus übersetzen und darin der Übergang zum Faschismus immer möglich ist. Aber: Das demokratische Staaten Ausländer wie Dreck behandeln (nur beleidigen darf man sie nicht), die Meinungsfreiheit in Berufsverbot und das Demonstrationsrecht in regelmäßigen Verboten umschlägt, ist kein Vorgang der Faschisierung, sondern ein Ausweis dafür, wozu demokratische Staaten fähig sind.
Exkurs: Die Gegenüberstellung der Rassenideologie der Nazis als Wahn
und der Menschenrechte als normal ist eine falsche: Das theoretische
Fundament ist das gleiche. Mit der DNS wird heutzutage so ziemlich alles
erklärt: Wie schlau Leute sind, was sie tun, was sie denken, was sie
verdienen, woran sie erkranken und in wen sie sich verlieben: Mit dem
Alkoholismus, Homosexualitäts-, oder Obdachlosengen wollen DNS-Forscher
menschliches Verhalten durch Biologie erklären: Stets werden dabei die
Menschen als von ihrer natürlichen Ausstattung bestimmt vorstellig
gemacht. Der Mensch als staatenbildender Allesfresser
Allgemein folgt daraus, das man Liberale kritisieren muß, teils für
ihren Idealismus, teils dafür, das ihr verwirklichter Idealismus auch
ein großer Scheiß wäre. In Protesten gegen einzelne Verschärfungen z.B.
in der Ausländerpolitik ließe sich sicherlich zusammen protestieren,
wobei man sich allerdings nicht ihren eigenen Kriterien der Sortierung
von Aus- und Inländern anschließen darf und dieses auch deutlich machen
muß. In der Regel ist dann damit allerdings auch die Zusammenarbeit von
ihrer Seite beendet, weil sie Linksradikale zu Recht als Gegner ihres
Staatsidealismus betrachten und fix die Gleichung Links=Rechts auf dem
Kasten haben.Zwei Beispiele: Bei der de facto Abschaffung des Asylrechts 1994 gab es eine große Demonstration in Bonn von den Autonomen bis hin zu den Grünen. Richtig war es weiterhin für die einzig vernünftige Forderung offene Grenzen einzutreten und sich nicht den alternativen oder alten Sortierungsmodellen von In-und Ausländern der linken Parteien und des Bürgerrechtsspektrum anzuschließen. Diese Sortierungsmodelle gehören genauso kritisiert, ebenso die Grundrechtsidealisten für ihre Fehleinschätzung in Sachen was ein Staat alles machen kann. Wenn man gegen einen Abschiebeknast demonstriert, so nimmt man ihn als Ausdruck des ganzen Umgangs mit den als ausländisch sortierten Menschen.
Es ist eine moralische Empörung, die für das Ganze steht, welche, wenn
sie nicht auf die Abschaffung der Gründe abzielt, eine unendliche
Aufgabe darstellt in einer Welt, die der armen und traktierten Massen
nicht müde wird. Beginnt man damit darauf hinzuweisen, worin z.B. die Abschiebepraxis ihre Wurzel hat, so ist es auch schnell vorbei mit der Aufmerksamkeit. Es verbietet sich auch die Vorstellung, daß man die Bevölkerung erstmal nach links ziehen will, um hernach mit der richtigen Kritik an dieser Gesellschaft herauszukommen. Ich hoffe oben genügend dargelegt zu haben, daß man damit die Leute zunächst in falschen Vorstellungen bestätigt, die Gemeinsamkeiten haben mit allen anderen Varianten bürgerlicher Herrschaftsbejahung, aber nichts mit radikaler Gesellschaftskritik.
|