Thesenpapier: Antifaschistische Intervention

Antifaschistische Aktion Berlin
  1. Naziaufmärsche
  2. Der 1. Mai


In der AG werden verschiedene Beispiele aus der Antifapraxis (der AAB) besprochen. Die Diskussion orientiert sich weniger an genauen Abläufen und unmittelbarer Organisation, als vielmehr an den dahinterstehenden Vorgaben.

Gemutmaßte These: In Deutschland '99 leben wir in einer blühenden kapitalistischen Demokratie. Von einem faschistischen Staat ist weit und breit nichts zu sehen.
Die Bürgerrechtsbewegung von rechts kann seit der Abschaffung des Asylrechts keine Pluspunkte mehr auf ihrer Seite verbuchen. Die Mordbrenner treten immer wieder auf, werden aber in der Öffentlichkeit als Nationalschande begriffen. Die demokratische Rechte hat sich ihre Stichwortgeberposition bei Rassismus und Nationalismus zurückerobert.

Geheiligte These: Der einzige Garant gegen rechte Weltbilder ist die Überzeugung von der linksradikalen Kritik an ihnen. Somit ist die Aufgabe der radikalen Linken, sich zu verbreitern und massive Selbstaufklärung zu betreiben. Dieses beginnt damit, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden und endet als vielseitig gebildete linksradikale Persönlichkeiten.

Naziaufmärsche

Aufmarschthese: "Wenn die Nazis aufmarschieren, dann mobilisieren wir auch dahin, um den Aufmarsch zu verhindern." Dieses war die gängige Strategie der letzten zehn Jahre und sie konnte oft als Erfolg betrachtet werden: Gelegentlich wurden die Nazis verjagt, es gab breite Bündnisse mit vielen empörten Bürgern, wenn wir unsere Sache gut gemacht haben, konnten wir viele Leute mobilisieren. Alles in allem wurde sehr viel politische in Bewegung gesetzt, die Antifa konnte sich als politisch kompetente Kraft mit erfolgversprechenden Lösungsansätzen präsentieren.
Heute dagegen haben wir es mit einer nicht gekannten Vielzahl von faschistischen Aktivitäten zu tun. Naziaktivitäten sind nichts empörendes mehr, unsere Aktivistinnen und Aktivisten werden weniger, das Umfeld ist nur noch selten zu mobilisieren.
Vereinzelt konnten in den letzten Jahren noch Erfolge errungen werden, vor allem in Westdeutschland z. B. Kiel, Hannover und Köln. Wenn weiterhin politische Erfolge auf diesem Gebiet erzielt werden sollen, müssen einzelne faschistische Aktivitäten herausgegriffen werden und bei diesen muß eine wirkungsvolle Gegenaktivität durchgeführt werden.
Diese Gegenaktivitäten müssen folgenden Punkten genügen: Die Antifa muß aus einer Position der Stärke agieren, die Aktion muß die eigenen Leute motivieren an zukünftigen Aktionen teilzunehmen und sie muß Ausstrahlungskraft über die Handelnden hinaus haben.

Der 1. Mai

Interventionsthese: Wenn wir antifaschistisch intervenieren, müssen wir fragen, welche Art Bedrohung wir abwehren wollen. Es muß unterschieden werden zwischen der politischen Ebene und der Aufklärung mit dem Holzstock, zur unmittelbaren Gefahrenabwehr. Als legale Gruppe beschäftigen wir uns mit der politischen Ebene. Unser Ziel bei antifaschistischer Intervention ist es den Rechten die Show zu stehlen und uns als attraktive Alternative zum politischen Mainstream zu präsentieren. Dieses kann nur gelingen wenn wir in einer machtvollen Position wahrgenommen werden und zwar sowohl quantitativer als auch qualitativer Stärke.
Ein geglücktes Beispiel war der revolutionäre 1. Mai in Berlin: Die Nazis wurden in der Öffentlichkeit nur als Randerscheinung wahrgenommen, Teile der radikalen Linken in Berlin haben es geschafft einen großen Teil der Subkultur zu mobilisieren und unter dem Banner des Dissidententums zu versammeln.
Es ist nicht unser Interesse den Fahndungsantifaschismus zu diskreditieren. Wir denken aber, daß wir unseren Teil beigetragen haben, daß der Tag nicht nur als Tag der Arbeit wahrgenommen worden ist. Wir denken, wenn wir die Spielregeln unabhängig von den Neonazis festlegen können, haben wir größere Chancen nicht nur als bewaffneter Arm des liberalen Bürgertums wahrgenommen zu werden, sondern Akzente gegen die herrschende Alltagskultur zu setzen. Der Anti-Nazikonsens des fortschrittlicheren Teils der Bevölkerung wird uns hierbei nur schwer helfen, auch wenn diese Kreise in der Gesellschaft die Zivilisationsbewahrer gegenüber den extremen Formen des Chauvinismus sind.
Ein vernünftige Kritik setzt an den Wurzeln der Überlegenheitsideologien (z.B. Rassismus, Sexismus) an und das ist die kapitalistische Organisierung der Ökonomie.


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