Antifa Halle
Um die Beantwortung der gestellten Fragen zu erleichtern,
beginne ich im ersten Teil mit einer Begriffsklärung.
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Öffentlichkeitsarbeit/ Gegenöffentlichkeit:
Öffentlichkeitsarbeit meint die Bestrebungen, die von einer
Interessengruppe vertretenen Inhalte bekannt zu machen, Verständnis und
Identifizierung zu erzielen. Dies geschieht allgemein unter Nutzung der Medien,
über kulturelle Angebote und nicht zuletzt über den Versuch im Alltag
zu zeigen, daß Alternativen zum Mainstream nötig und möglich
sind. Der Begriff Gegenöffentlichkeit entsteht aus der Analyse, daß
die vorherrschende Öffentlichkeit geprägt ist von konservativer
Meinungsmache, die den rassistischen, nationalistischen Konsens bedingt und
fördert und deshalb linke Öffentlichkeitsarbeit nur in klarer
Opposition zu dieser stattfinden kann.
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Bündnisarbeit:
Bündnisse werden dann zwischen verschiedenen Gruppen oder Personen
geschlossen, wenn sich jeweils beide Seiten einen Vorteil davon versprechen.
Klassisches Beispiel hierfür sind unzählige Demoaufrufe, bei denen
die eine Seite hofft, durch viele UnterzeichnerInnen an gesellschaftlicher
Relevanz zu gewinnen, die andere Seite sieht die politische Auseinandersetzung
mit dieser Unterzeichnung als erledigt an und überläßt die
eigentliche Arbeit großzügig den anderen Gruppen.
Die Erfahrungen mit Bündnissen sind regional sehr unterschiedlich, da sie
sehr stark von Voraussetzungen vor Ort geprägt sind.
Wen wollen wir mit Öffentlichkeitsarbeit erreichen, wollen wir
überhaupt jemanden erreichen oder sehen wir uns nicht sowieso auf
verlorenem Posten?
Die Vermittlung linker politischer Inhalte stößt auf große
Schwierigkeiten aufgrund der allgemeinen Entpolitisierung der Gesellschaft und
der meist unbequemen, komplizierten Erklärungs- und Forderungsmodelle
linker Politik. Zusätzlich erschwerend wirkt die Tatsache, das sich nur
wenige Menschen für Themen sensibilisieren lassen, die außerhalb
ihres persönlichen Horizontes liegen.
Das alles schränkt die möglichen AdressatInnen linker
Öffentlichkeitsarbeit stark ein, macht diese aber nicht unmöglich.
Jugendliche, die noch nach einer Ausrichtung ihres diffusen Protestgefühls
suchen, MigrantInnen und VertreterInnen anderer Minoritäten sowie
SymphatisantInnen der Linken sollten sich öffentlich durch die
Linke vertreten fühlen.
Meiner Ansicht nach sind unsere Möglichkeiten im direkten Vergleich zur
Öffentlichkeitswirksamkeit der Nazis unweit größer. Auch wenn
eine kontinuirliche Rechtsentwicklung der Gesellschaft deutlich ist, existiert
der offizielle, gesellschaftliche Wertekonsens weiter, der es den Nazis noch
unmöglich macht legal öffentliche Aktionen durchzuführen, die
über Aufmärsche und Wahlwerbung hinausgehen.
Deshalb gehe ich davon aus, daß wir trotz aller Schwierigkeiten über
vielfältige Möglichkeiten verfügen öffentlich wahrgenommen
zu werden, diese aber häufig nur unzureichend nutzen.
Gegenöffentlichkeit- wie ist sie zu schaffen? Funktioniert die
Überwindung gesellschaftlicher Isolation durch thematische Projekte
(strategische Bündnisse)? Ist Bündnisarbeit noch aktuell oder sind
die Kompromisse, die wir eingehen müssen schon längst nicht mehr
tragbar? Sind Bündnisse nicht aber auch eine Chance einer
gesellschaftlichen Isolation entgegenzuwirken und sich neue
Handlungsspielräume zu eröffnen?
Es ist deutlich, daß die Linke an Anziehungskraft verloren hat und
daß es durch die gesellschaftliche Werteverschiebung keinen gesicherten
Massenzulauf von Jugendlichen mehr gibt, bei Nutzung aller Möglichkeiten
ist es trotzdem möglich wieder stärker das Protestpotential binden zu
können. Dazu ist es aber notwendig perspektivisch eine attraktivere
Darstellung linker Inhalte zu erreichen.
Strategische Bündnisse (z.B. bei Gegendemonstrationen) können ein Weg
sein die Isolation der Linken wenigstens punktuell zu umgehen, allerdings
befinden sich viele der potentiellen BündnispartnerInnen ebenso in einer
tiefen Sinnkrise (alternative Vereine, Gewerkschaften etc.). Wesentlichster
Punkt bei der Frage nach dem Sinn von Bündnissen ist aber wie weit es
möglich ist, die eigenen Inhalte darzustellen. Beispiele gibt es
dafür im Positiven wie Negativen reichlich.
Eine Frage die innerhalb der Linken nur selten Beachtung findet ist die
Besetzung von Schnittpunkten, wie die Mitarbeit in Vereinen und Stiftungen und
die Zusammenarbeit mit Parteien und Gewerkschaften. Diese Organisationen bieten
finanzielle Möglichkeiten und einen Präsentationsrahmen, der in der
Öffentlichkeit nicht mit Linksradikalität besetzt ist. Das
heißt, das bei der Organisierung öffentlicher Veranstaltungen nicht
automatisch die üblichen Abwehrmechanismen gegenüber den
Antifas oder den Autonomen etc. einsetzen und
öffentliche Räume konsequenter genutzt werden können.
Diese Zusammenarbeit geht über die normale Bündnisarbeit hinaus und
ist von vielen schwer beeinflußbaren Faktoren abhängig, ist aber
trotzdem geeignet neue Handlungsspielräume zu erkämpfen.
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