Grünau-AG
- Erklärt was wir wollen
- Erziehung als Anspruch
- Schule als institutionalisierte Autorität/Fit for fun Wer darf wieviel wissen
- Das Schlangenei - Alternativschulen
- Optionen linksradikaler Intervention im bestehenden Schulsystem
Wie wird in Schulen Rechtsextremismus entgegengewirkt oder wird durch eine
fehlende Auseinandersetzung mit dem NS einer neuen NS-Jugendbewegung Vorschub
geleistet?
Was sollte ein linksradikaler Anspruch an das - in die gesellschaftlichen
Verhältnisse eingebettete Schulsystem sein? Gibt es einen solchen
Anspruch überhaupt?
Als wir uns im Rahmen der Themenstruktur des Verstärkerkongresses dem der Schulen zuwandten, ordneten wir es wie selbstverständlich noch dem Schwerpunkt der sogenannten staatlichen
Strategien unter. Im Rahmen der Bearbeitung des Themas konnten wir aber
feststellen, daß dies nicht möglich sei unter der Prämisse, in
den Schulen nur die Bildungsinhalte und deren (vermeintliche) Wirkung auf junge
Menschen hinsichtlich einer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu
untersuchen. Schon nach erster Betrachtung stellte sich ein Zusammenhang
zwischen der staatliche Institution Schule und dem was darin stattfindet bzw.
stattfinden könnte, dem Prozeß der Erziehung und Bildung als
doppeltem Anspruch dar.
Es machte sich daher notwendig Schule insgesamt einer radikalen Kritik zu
unterziehen, wobei wir zum einen die in der Institution Schule permanent
reproduzierte Autorität und zum anderen dem aufklärerischen Anspruch
den Schule hat, die Limitierung von Bildungsinhalten gegenüber stellen.
Hinzu kam, in Anerkenntnis der Existenz von Schule als staatliche Strategie,
trotzdem nach Optionen einer linksradikalen Intervention zu suchen.
Erziehung (...) als eine zu kritischer Selbstreflexion (Adorno) war
für uns Determinante unserer Kritik.
Wenn wir im Referat von Schule sprechen, dann beziehen wir uns auf einen
Zeitraum zwischen etwa dem sechsten und dem zwanzigsten Lebensjahr junger
Menschen. Als zivilisatorische Spezifika läßt sich hier nahezu
weltweit die organisierte Bildung und Erziehung, in differenzierten
Zeiträumen und graduierten Resultaten konstatieren. In Deutschland sind es
die Formen von Grund-, Haupt- und Realschule sowie Gymnasien die diese
Spezifika in staatliche Struktur einbinden.
(Die Thesen dieses Abschnittes sind
aus dem Vortrag Erziehung nach Auschwitz entnommen, den Theodor W.
Adorno 1969 im Hessischen Rundfunk gehalten hatte)
Jede Debatte über Erziehungsideale ist nichtig und gleichgültig
diesem einen gegenüber, daß Auschwitz nicht sich wiederhole. Es war
die Barbarei, gegen die alle Erziehung geht. Man spricht vom drohenden
Rückfall in die Barbarei. Aber er droht nicht, sondern Auschwitz war er;
Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall
zeitigten, wesentlich fortdauern. (...) Wenn im Zivilisationsprinzip selbst die
Barbarei angelegt ist, dann hat es etwas Desperates (Verzweifeltes d.
AutorInnen), dagegen aufzubegehren. Die Besinnung darauf, wie die Wiederkehr
von Auschwitz zu verhindern sei, wird verdüstert davon, daß man
dieses Desperaten sich bewußt sein muß, wenn man nicht der
idealistischen Phrase verfallen will.
Trotzdem ist es zu versuchen, auch angesichts dessen, daß die
Grundstruktur der Gesellschaft und damit ihrer Angehörigen, die es dahin
gebracht haben, heute die gleichen sind, wie vor fünfundzwanzig Jahren.
(...)
Da die Möglichkeit, die objektive, nämlich die gesellschaftlichen und
politischen Voraussetzungen, die solche Ereignisse ausbrüten, zu
verändern, heute aufs äußerste beschränkt ist, sind
Versuche der Wiederholung entgegenzuarbeiten, notwendig auf die subjektive
Seite abgedrängt.
Die Wurzeln sind in den Verfolgern zu suchen, nicht in den Opfern, die man
unter armseligsten Vorwänden hat ermorden lassen. (...) Man muß die
Mechanismen erkennen, die die Menschen so machen, daß sie solcher Taten
fähig werden, man muß ihnen selbst diese Mechanismen aufzeigen und
zu verhindern trachten, daß sie abermals so werden, indem man ein
allgemeines Bewußtsein dieser Mechanismen erweckt. Nicht die Ermordeten
sind schuldig, nicht einmal in dem sophistischen und karikierten Sinn, in dem
manche es heute noch konstruieren möchten. Schuldig sind allein die,
welche besinnungslos ihren Haß und ihre Angriffswut an ihnen ausgelassen
habe. Solcher Besinnungslosigkeit ist entgegenzuarbeiten, die Menschen sind
davon abzubringen, ohne Reflexion auf sich selbst nach außen zu schlagen.
Erziehung wäre sinnvoll überhaupt nur als eine zu kritischer
Selbstreflexion.
Das Pathos der Schule heute, ihr moralischer Ernst ist, das inmitten des
Bestehenden nur sie, wenn sie sich dessen bewußt ist, unmittelbar auf die
Entbarbarisierung der Menschen hinzuarbeiten vermag.
Es gibt kein System Schule außerhalb der bestehenden gesellschaftlichen
Verhältnisse. Selbst alternative Schul- und Erziehungsmodelle sind nicht
autonom von staatlichen Strategien zu denken. Ihr anderer Anspruch relativiert
sich durch Reglementieren der zu vermittelnden Bildungsinhalte durch den Staat
und die Tatsache, daß die SchülerInnen solcher Eirichtungen aus
einer autortär-familiären Struktur (wir berücksichtigen durchaus
Versuche antiautoritärer Erziehung in familienähnlichen sozialen
Zusammenhängen, können derzeit aber noch wenig über deren
gesellschaftliche Relevanz sagen) in solche Schulen kommen und nach deren
Abschluß meist nach absolvierten Prüfungen mit staatlichen
Vorgaben als Grundlage - in eine autoritär-staatliche Struktur entlassen
werden.
Schule ist die Systematik per se, die das Verhältnis zur Autorität
über das der natürlichen (z.B. Familie u. Alter) hinaus entwickelt.
Sie bringt zum einen das ihr ausgesetzte Individuum in ein verändertes
Verhältnis zur vorgegebenen natürlichen Autorität (rekognitive
respektive Anti-Emanzipation), prägt parallel aber den allgemeinen Umgang
mit Autorität als anerkennendend. Sie fügt dem natürlichen
autoritären Verhältnis, welches sich mit fortschreitender Autonomie
des Individuums abbauen solle, das neue der Autorität durch Kompetenz
hinzu. Dabei geht Schule von der Statik dieser Kompetenz aus. Vermittlung von
Bildung durch Schule ist lediglich Anspruch, dem die Limitierung von
Bildungsinhalten nach Qualität und Quantität voraus geht.
Schule verhindert die Selbstreflexion der Individuen, obschon sie im Prinzip
der faktischen aber unbewerteten Aufklärung als Anspruch optional angelegt
ist. Dieser Anspruch ließe sich als Erziehung formulieren, basiert aber
(s.o.) auf der unbedingten Aufrechterhaltung einer permanenten Kompetenz.
Mit der Technologie des Buchdruckes wurde eine neue Art der Wissensvermittlung
und aneignung geschaffen. Lesen und Schreiben sind zu neuen Hürden
geworden, die erst einmal genommen werden müssen, um als Erwachsene zu
gelten. Die schriftliche Informationsweitergabe schaffte neue
Wissenshierarchien wer nicht daran teilnehmen kann, wird entwertet.
(Wer lesen kann ist klar im Vorteil... ist mittlerweile
umgangssprachlich Usus. Die Nachteile des Nichtlesenkönnens werden dabei
fast nicht mehr mit gedacht.)
Mit der Herausbildung des frühen Kapitalismus und seiner in Technologie
(z.B. Dampfmaschine) verwirklichten Produktivität, wird ein limitierter
Wissensumfang für die in der geteilten Arbeit beschäftigten Menschen
als notwendig erachtet. Erste Formen der Schulpflicht bereiten die Kinder auf
diesen Einsatz, - und nur darauf vor.
Eine der wichtigsten Wissensaneignungen, welche die Kommunikation mit der
Umwelt überhaupt erst ermöglicht, das Erlernen der Sprache, vollzieht
das Kind bereits weit bevor es die Schule besucht. Eltern, d.h.
Frauen/Mütter sind hier die besten LehrerInnen.
Eine historische Betrachtung des Berufsstandes der LehrerInnen führt zu
der bedrückenden Einsicht, daß LehrerInnen in gesellschaftlich
heiklen Situationen stets versagt haben.
Die Realität liefert zu vielem realen Grund, als das eine Entrüstung
über Flucht aus ihr anstünde. Die schulische Realität allemal.
Alternativschulen erfüllen die gleiche Aufgabe der Zurichtung für die
kapitalistische Gesellschaft, nur in anderer (?) Form. Zudem werden oftmals
Bildungsinhalte vermittelt die auf autoritären weltanschaulichen Bildern
beruhen (Waldorf-Schulen mit der Steinerschen Antroposophie als
weltanschaulicher Grundlage)
(... hier wird im Referat eine Entzauberung dieses Alternativschulkonzepte
erfolgen)
Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule wird bestimmt durch das Recht
eines jeden jungen Menschen auf eine seine Fähigkeiten und Neigungen
entsprechende Erziehung und Bildung ohne Rücksicht auf Herkunft oder
wirtschaftliche Lage. (Schulgesetz Sachsen)
Im Fach Ethik werden den Schülern religionskundliches Wissen,
Verständnis für gesellschaftliche Wertvorstellungen und Normen sowie Zugang zu philosophischen
und religiösen Fragen vermittelt. (Schulgesetz Sachsen)
Der Beamte hat bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung
und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber
der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes
ergibt. (Beamtengesetz Sachsen)
Sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muß der Achtung
und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (Beamtengesetz
Sachsen)
Pädagogische Programme, Konzepte und Ansätze vermitteln den Eindruck,
daß sie in der Lage sind rechte Jugendliche wirklich zu
erreichen und zu beeinflussen ... Dabei sollte eigentlich nach
langjährigen Erfahrungen Konsens sein, daß chauvinistisch,
rassistisch, rechtsextrem orientierte Jugendliche im weitesten Sinne
durch pädagogische Einflüsse (Angebote) nicht erreicht werden
und beeinflußbar sind.
Wenn Schule oder Pädagogik auf diesem Gebiet keine Ergebnisse sehen,
streichen sie es kurzerhand aus ihrem Zuständigkeitsbereich heraus.
Angesichts der politischen Entwicklung muß politische Bildung sich
eingestehen, welche Fehler sie in der Vergangenheit beging und Konzepte
entwickeln.
Sogenannte Konzepte für den Umgang mit rechtsorientierten Jugendlichen
sind auch Schulen, werden auch für Schulen entwickelt und erfreuen sich
einer hohen Beliebtheit. Stellt sich hierbei nur die Frage, welche Gefahr sie
in sich tragen, auch auf der Grundlage des Scheiterns der sogenannten
akzeptierenden Jugendarbeit mit Rechten
Wäre mein Onkel noch am Leben, er würde heute sicherlich statt des "Ich bin ein Berliner" "Ich bin ein Ausländer" sagen. (TAZ vom 04.12.1992 Interview mit Joseph Kennedy)
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