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Mythos Germanen/Germanische Heiden

Ein kurzer Überblick


"Germanentum" und Sprache

Der Begriff "germanisch" ist aus moderner sozialwissenschaftlicher Perspektive zunächst eine sprachwissenschaftliche Kategorie. Germanische Sprachen haben Ähnlichkeiten zum Beispiel in Grammatik und Wortbestand und gelten aus diesem Grunde als verwandt. Sie gehören, wie Keltische, Slawische, Iranische, Nordindische und viele andere Sprachgruppen und Einzelsprachen zur im weiteren Sinne verwandten Indoeuropäischen Sprachfamilie, die in der westdeutschen Wissenschaftstradition noch immer als Indogermanische Familie bezeichnet wird. So sagt der Begriff gemanisch zunächst nicht viel über "Ethnizität" oder sonsteine "kulturelle" Identität aus. Germanische Sprachen, wie Südindisches Englisch, das Jiddisch der AschkenasInnen oder Tok Pisin, eine der Amtssprachen Papua-Neuguineas sind heute in verschiedensten Teilen der Welt verbreitet. Sie sind Kommunikations- und Denkwerkzeuge der Menschen die "in diesen Sprachen leben." Auch in Europa waren germanische Sprachen zu verschiednen Zeiten an unterschiedlichen Orten in Gebrauch. "Deitsch" und "Platt" bildeten sich im 18. und 19. Jahrhundert heraus, als MigrantInnen aus Mitteleuropa an der Wolga und im Schwarzmeerraum siedelten. Die gotischen Mundarten waren in der Spätantike wichtige militärische Kommandosprachen ob auf dem Balkan oder in Spanien und auch in den Arianischen Kirchen in Gebrauch. Das Vandalische schaffte es nach Nordafrika bevor es nicht mehr benutzt wurde. In Mitteleuropa wurde die Etablierung von Standardsprachen erst nach der Zeit von Buchdruck und Reformation möglich. So war das sogenannte (Neu-) Hochdeutsche eine wichtige Grundlage für das nation-building. Die Geschichte der deutschen Standartsprache, setzt also erst in der Neuzeit ein.

Historisch gesehen ist das Standartdeutsche ebenso wenig normal, wie "natürlich". Standartsprache ist etwas politisch konstituiertes und "von oben" durchgesetztes, ein Symbol bürgerlicher Nationalstaatlichkeit und sie ist zum Teil noch bis heute ein Mittel sozialer Ausgrenzung. Jeder an die Rechtschreibreform oder die Anglisierung des Deutschen verschwendete Gedanke ist angesichts dieser Situation überflüssig. Wer an den Mythos "deutsche Sprache" glaubt, soll sich die Banner auf diversen Naziseiten anschauen. Die rechten wollen die Reinheit der "deutschen" Sprache. Ein guter Grund, warum Linken der Standard egal sein sollte. Radikale oldstyle Linke würden sagen: Sprache, wie Schrift sollten den Sprechenden und Schreibenden gehören...

Und DIE Germanen?

Menschengruppen, die sich selbst Germanen nannten, hat es vor der Neuzeit niemals gegeben. Der heutige "Mythos Germanen" kommt aus zwei Quellen: Dem nation-building der Deutschen und der "Indianerromantik" der Hippies und 68er. Ein zweifaches back to the roots.

Die Antike gab allerdings schon das Vorbild. Der Politiker G.J.Cäsar erfand den Mythos Germanen für seine Zeit, um seine imperialen und innenpolitischen Ziele zu realisieren. Für ihn waren die Germanen die Leute östlich des Rheins. Es ging hier nicht um Sprache, Religion oder "Kultur". Es ging darum, die Eroberung Galliens zu rechtfertigen und die Machtposition in Rom zu erweitern. Der Schriftsteller Tacitus dagegen suchte, wie so manche Zeitgenossen von heute das reine, ursprüngliche und unverdorbene unter den Bewohnern Mitteleuropas. Er prägte das Bild von den edlen Wilden, den Winnetous der römischen Antike.

Menschengruppen hatten in nichtmodernen Zeiten immer eine gewisse Dynamik. Es gab häufig Wanderungen. Oft wechselten jedoch Sprachen, Kulte und Kunstformen und "Kulturen" schneller als sie sich ihre Träger bewegten. Die Geschichte Mittel- , Nord- und Osteuropas kennt aus der Zeit zwischen -200 und +1000 nur wenige schriftliche Quellen. Vieles ist nur Spekulation, jedoch scheint wahrscheinlich, dass die Situation in Mitteleuropa in der römischen Kaiserzeit durch große Buntheit geprägt war. Weder zu Cäsars, noch zu Tacitus Zeiten lebten Menschen mit nur germanischen Sprachen dort. Ihre Namen, Lebensweisen und Religionen waren ohnehin verschieden.

In der sogenannten "Völkerwanderungszeit" tauchen an verschieden Stellen bunte vielsprachige Gruppen auf, die die Byzantiner Goten nennen. Das es damals kein Verständnis von Ethnizität oder Nationalität gab zeigt uns der Rechtstext Codex Euricianus (zwischen 460 und 500), aus dem sogenannten Tolosanischen Reich, an der heutigen Atlantikküste Frankreichs. Als Goten konnten ebenso Angehörige der ursprünglich antirömischen Bagaudenbewegung aus dem heutigen Mittelfrankreich, Britonen, also MigrantInnen von den britischen Inseln, Alanen, also skytho-sarmatische Gruppen aus dem Nordkaukasus gelten. Sicher stellten germanischsprachige eine gewisse Mehrheit und wichtige Teile der Oberschicht. Latein- und griechischsprachige Menschen, darunter auch AnhängerInnen der jüdischen Religion galten als Römer. Die Zahl der gebräuchlichen Alltagssprachen auf relativ engem Raum dürfte damals also ziemlich hoch gewesen sein. Und eine solche Situation ist wohl eher die Regel, als die Ausnahme in nichtmodernen Gesellschaften...

Und germanische Religion?

Auf der rechten Internetseite www.asgardsrei.de ist folgendes zu lesen:

"Wir sind genau in der Lage zu bestimmen, was germanische Religion ist. Die Religion von Sprechern germanischer Sprachen vor ihrer Christianisierung (danach höchstens noch ihr Volksglaube). Allerdings sind die ausführlichsten zusammenhängenden schriftlichen Quellen zur Religion der Germanen, die (ältere und jüngere) Edda und die Sagas der Isländer erst in christlicher Zeit von Christen gesammelt und aufgeschrieben worden und geben nicht einfach vorchristliche religiöse Traditionen wieder (das natürlich auch), sondern ebenso Meinungen christlicher Antiquare über germanische Religion. Aber ob ältere oder jüngere Edda, und Aufzeichnungen des Tacitus, alles das lässt uns nur erahnen wie germanische Religion "wirklich" war."

Dieser Text spricht in seiner Widersprüchlichkeit für sich. Ebenso wenig wie es je GermanInnen gab, gab es auch EINE germanische Religion.

Asatru und Odinismus - germanisches Heidentum heute

Anders sieht die Lage heute aus. Germanisches Heidentum hat eine gewisse Bedeutung, nicht nur unter den radikalen Rechten, sondern auch unter unpolitischen und in ihrem Selbstverständnis linken Menschen. Aus religionswissenschaftlicher Sicht können die zu behandelnden Gruppen und ihrer Konzepte weltanschaulich (relativ) neutral als Neue Religiöse Bewegungen (NRB) bezeichnet werden. Stärker ideologisch angereichert und teilweise veraltet sind Bezeichnungen wie Jugendkulte oder Sekten. Eine Zuordnung unter das Label "New Age" scheint dagegen angesichts aktueller Entwicklung durchaus sinnvoll, wenn auch aus historischer Sicht nicht ganz überzeugend. Schließlich reicht die Entstehungszeit der ersten Gruppen dieser Art ins 19. Jahrhundert zurück. Von New Age kann erst seit Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts gesprochen werden. Ich lege mich im folgenden Text grundsätzlich auf das Begriffspaar (neu)germanisch-heidnisch fest. Viele AtheistInnen, AgnostikerInnen und allgemein NichtchristInnen bezeichnen sich heut ebenfalls als HeidInnen. Dies kann nicht ignoriert werden. Deshalb scheint mir der ebenfalls mögliche Begriff Neuheiden nicht präzise und missverständlich. Viele NeugermanInnen nennen sich selbst Asatru (Asentreue). "Asen" ist der Name eines in skandinavischen Überlieferungen bezeugten Göttergeschlechts.

Von den Anfängen bis zum 1. Weltkrieg

Der Ursprung der neugermanischen Heiden geht unter anderem auf die Germanen-Begeisterung der Romantik zurück, die wiederum frühere Ideen und Ideologien aufgriff. Im Rahmen nationaler und später völkischer Bewegungen wurde der Rückgriff auf die als Germanen bezeichneten vermeintlichen Vorfahren der Deutschen des 19. Jahrhunderts identitätsstiftend. Inspirieren ließ man sich von den zeitgemäß ideologisch geprägten Erkenntnissen der Germanistik, der Indogermanistik (die überall sonst in der Welt Indoeuropäistik hieß und heißt), der Indologie und Altiranistik. Aus dem letzten Kontext kommt im übrigen der Begriff "Arier". Es handelt sich hierbei um die Bezeichnung von Bevölkerungsgruppen Irans und Nordwestindiens im Altertum.

Wiederholt wird die Beziehung der Neugermanen zur Theosophie hergestellt, einer damals im Trend liegenden esoterisch-religiösen Richtung. Trotz einiger personeller Überschneidungen und Übernahme von Ideen und Organisationsformen durch die NeugermanInnen wäre eine zu starke Engführung mit Theosophie oder gar Anthroposophie falsch. Es handelt sich hier um eine der üblichen linken Verschwörungstheorien.

Als zentraler ideologischer Bestandteil neugermanischer Religiosität muss von vornherein der Antisemitismus in Betracht gezogen werden. Die Zuwendung zum Neugermanentum schloss damals die Negation des als "artfremd" betrachteten Judentums und des als jüdisch und romanisch charakterisierten Christentums ein.

Eine wichtige Richtung stellte zunächst die Ariosophie dar, die Lehre von den Ariern und ihrer rassischen Überlegenheit, die von Guido von List (1848-1919) begründet wurde. Er war Mitglied des nach 1880 in Österreich entstandenen Bundes der Germanen. Von List verband völkisches Denken mit einigen Ideen der Theosophie. Er glaubte, die aus Nordeuropa stammende "arische Rasse" nehme in der Völkerhierarchie die höchste Stellung ein. Er nannte sie die "Ario-Germanen" (Armanen). Nach einem Offenbarungserlebnis schrieb er ein in der Szene bis heute einflussreiches Buch "Das Geheimnis der Runen" (1902). Er vertrat die Idee eines extrem patriarchalen Priesterstaates zu dessen Zeichen er die doppelte Sig-Rune, dass spätere Zeichen der SS erkor.

Der ebenfalls in Österreich wirkende Ariosoph Lanz von Liebenfels (Adolf Lanz 1874-1954), Gründungsmitglied des neutemplerischen Ordo novi Templi und war auch Mitbegründer der 1908 gebildeten Guido von List Gesellschaft, die dem Kampf gegen das "Untermenschentum" und die "Sodoms-Äfflinge" dienen sollte. Grundsätzlich ist festzustellen, dass Ariosophen in den verschiedenen Ausprägungen in weit geringerem Maße auf die überlieferten mythologische Quellen zurückgriffen, als die Neuheiden des ausgehenden 20. Jahrhunderts.

Insgesamt nahm im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts die Zahl germanischer und deutsch-völkisch religiöser Gruppen deutlich zu. Eine der Strömungen bildeten die 1902 entstanden Hammer-Gemeinden und die einen militanten Antisemitismus vertretenden 1912 gegründeten Vereinigungen Reichs-Hammerbund und Germanen-Orden. 1913 schlossen sich verschiedene zum Teil ariosophisch orientierte Richtungen (Germanisch-Deutsch-religiöse Gemeinschaft, Nornenloge "Urdabund", Große Germanenloge, Wodangesellschaft) zur Germanischen Glaubens-Gemeinschaft (GGG) um Ludwig Fahrenkrog (1867-1952), zusammen.

Weimarer Republik und "3.Reich"

In der Weimarer Periode setzte sich die Entwicklung einer heidnisch-germanischen Szene fort. Bereits 1917 war aus der Bayrischen Ordensprovinz des Germanen-Ordens die Thule-Gesellschaft entstanden, die eng mit dem frühen Nationalsozialismus verbunden war. Alfred Rosenberg und Rudolf Heß gehörten dieser Vereinigung an. Dennoch wurde die Thule-Gesellschaft 1933 aufgelöst. Die aufkeimende NS-Ideologie empfing also durchaus Anregungen von Seiten diesen religiösen Rechtsradikalen. Die NeugermanInnen blieben jedoch neben der mächtigen Nazi-Bewegung unbedeutend. Eine interessante Frage wäre, ob Ideen der Ariosophen direkt auf die in der Nazizeit einflussreichen Strömung der deutschen Christen in den evangelischen Kirchen eingewirkt hatten.

Im "Dritten Reich" wurden heidnisch-germanische Gruppen als Konkurrenz zur nationalsozialistischen Ideologie empfunden. Möglicherweise in diesem Zusammenhang wurde der GGG 1936 ein Verbot öffentlicher Veranstaltungen auferlegt. Adolf Lanz erhielt 1938 Schreibverbot. 1937 gab es einen Erlass des Reichsführers der SS über die Auflösung freimaurerähnlichen Vereinigungen.

Es ist allerdings darauf zu verweisen, dass innerhalb des SS, ein eigenständiges heidnisch-germanisch anmutendes Ritualwesen entwickelt wurde. Dies geschah vor dem Hintergrund einer widersprüchlichen Religionspolitik der NSDAP-Führung, die am eindeutigsten gegen kleinere Gruppen, wie Buddhisten oder Zeugen Jehovas vorging. Hingegen wurde auf die christlichen Großkirchen in gewissem Grade Rücksicht genommen, obwohl sowohl der Katholik Himmler, als auch Rosenberg und Bormann radikal antikirchliche Positionen vertraten.

Zwischenbemerkung

In ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte sich in Deutschland und Österreich ein neugermanisches Heidentum entwickelt. Die verschieden Gemeinschaften waren nicht allzu zahlreich hatten jedoch einen gewissen kulturellen Einfluss. Es gab zahlreiche Publikationen und einige prominente Intellektuelle bewegten sich im Dunstkreis der Gruppen. Die religiösen Bekenntnisse der Gruppen waren unterschiedlich und nährten sich in erheblichen Maße aus hochspekulativen Theorien von in der Bewegung einflussreichen Ideologen wie Lanz und Von List. Die Rezeption des überlieferten "germanischen" Mythenmaterials war, so scheint es, sehr selektiv. Ideologisch konstitutiv war dagegen extremster Antisemitismus und Rassismus sowie in Abstufungen Ablehnung von Christentum und Christlicher Kirchen.

Die heidnisch-germanischen religiösen Bewegungen entstanden zweifellos vor dem gleichen Hintergrund, wie der aufkeimenden Nationalsozialismus. Es ist zu vermuten, aber angesichts des gegenwärtigen Kenntnisstands nicht nachweisbar, dass Hitler und andere "NS-Führer" Anregungen von den germanischen Heiden bekommen haben. Zwischen der Thule-Gesellschaft und der DAP bzw. NSDAP bestanden in der ersten Hälfte der 20 Jahre enge Beziehungen. Dennoch darf die Bedeutung des germanischen Heidentum für die nationalsozialistische politische Massenbewegung auf keinen Fall überschätzt werden. Quantitativ und qualitativ bedeutsamer dürften die dem germanischen Heidentum nicht unähnlichen Vorstellungen und Praktiken innerhalb der SS und das Deutsche Christentum innerhalb der evangelischen Kirchen gewesen sein.

Zu verweisen wäre noch darauf, dass offenbar gerade Wien nach der Jahrhundertwende zum 20 Jahrhundert zu einem Kristallisationspunkt des "germanischen" Neuheidentums wurde. Von Lanz bis Himmler gibt es Anknüpfungspunkte zu katholischen Ordensorganisationen. Weiteres wäre zu untersuchen.

Von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart

Die germanisch-heidnische religiöse Bewegung bestand in Westdeutschland auch in der Nachkriegszeit weiter. Über die 50ger und 60ger Jahre sind relativ wenige Informationen vorhanden. So bestand die GGG nach dem Tod Fahrenkrogs 1952 noch bis 1964, als der Verein aus dem Vereinsregister gelöscht wurde. Auch entstand in den 60ern erneut eine Guido-von-List-Gesellschaft, die die Idee der Armanen aufgriff. Diese Richtung nannte sich damals WSW (Wotanische Schöpfungswonne)

Die rechtsradikalen Heiden profitierten möglicherweise von dem Aufschwung der politischen Rechtsradikalismus in der zweiten Hälfte der 1960 Jahre. 1971 entstand der geheimbündlerisch organisierte Armanenorden um Sigrun Schleipfer der ariosophisches Gedankengut pflegt. International ordnet sich diese Gruppe in die Arbeitsgemeinschaft naturreligiöser Stammesverbände Europas (ANSE) ein.

Seit den 60er Jahren des 20 Jahrhunderts ist es zu relativ starken und schnellen Veränderungen der Religionen vor dem Hintergrund einer sich "globalisierenden" und sekulärer werdenden Welt gekommen. Im Zeichen des "Neuen Zeitalters" (New Age) und mit den Mitteln weltumspannender Medien entwickelte sich der "Weltmarkt der Religionen". Dies äußert sich sowohl in der innere Entwicklung regional - "traditioneller" Religionsgemeinschaften (Neuer Fundamentalismus) als auch in der Entstehung neuer religiöser Bewegungen, dem verstärkten "Export" von Religionen durch Mission und Migration, sowie der Etablierung individuell konstituierter Religiosität mit geringer organisatorische Bindung. Grade im letzten Kontext individueller Sinnsuche wuchs das Interesse für "ethnische" Religionen und ihre Erscheinungsformen, wie etwa dem Schamanismus. Über den Umweg der Indianer richtete sich das Interesse von EuroperInnen und NordamerikanerInnen auch auf die Religionen der "Kelten" und "Germanen".

Eine weiter für unseren Zusammenhang wichtige Entwicklung vollzog sich auf politischem Gebiet. Auch die neue radikale Rechte in Europa und Nordamerika durchlief einen Prozess der Internationalisierung. Ihre ideologische Basis veränderte sich in Richtung auf die gemeinsame Verteidigung "weißer" " abendländischer" Werte

Beide oben benannten Prozesse beförderten die Internationalisierung der heidnisch-germanischen religiösen Bewegung. Unter den Labeln Asatru und Odinismus fand weltweit auch eine gewisse inhaltliche Vereinheitlichung statt. Die organisatorische Differenzierung in eine nichtrassistische (universalistische) und eine rassistische Richtung erfolgte erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, wobei es in der Praxis eher ein Spektrum mit den beiden Polen radikal Rechte und Antirassistische Asatru gibt und dazwischen noch ein ganze Menge zum Teil indifferenter AnhängerInnen und InteressentInnen.

Asatru kam unter dem gegenwärtigen Namen (Asatruarmenn) in Island auf, wo diese Religion 1971 staatlich anerkannt wurde. Gruppen dieses Typs verbreiteten sich auch in Skandinavien und den Vereinigten Staaten. Hier propagierte Steve McNallen den Gedanken einer spirituellen Zusammengehörigkeit genetisch verwandter Gruppen. In dieser rassistischen Traditionslinie agierte bis 1986 die Asartu Free Assambly und die 1996 gegründete Asatru Folk Assambly weiter. Einen gemäßigteren Ansatz vertritt die Asatru Alliance.

Zu den rechten europäischen Gruppen gehören die sehr deutlich radikal rechts orientierte Allgermanische / Alldeutsche Heidnische Front und die oben erwähnte ANSE. Ebenfalls über Deutschland hinaus ist die neue GGG (siehe oben) organisiert. 1982 wurde ein ,,Freundeskreis Ludwig Fahrenkrog'' gegründet. Nach Angaben der GGG entstand gleichzeitig "um die heidnisch-religiöse Tradition fortzusetzen, die ,,Heidnische Glaubens-Gemeinschaft'', deren Mitglieder seit 1991 die GGG fortführen." Diese Darstellung ist allerdings nicht korrekt, da die Heidnische Glaubensgemeinschaft gegenwärtig ebenfalls existiert, oder bis vor kurzem existiert hat. Darüber hinaus wirken in der Bundesrepublik zahlreiche weitere Gruppen wie etwa die Glaubensgemeinschaft Oding (GOD), die rechtsradikale Artgemeinschaft, die Deutschgläubige Gemeinschaft.

Der Troth wurde 1987 in Texas gegründet und ist heute eine internationale Organisation nichtrassistischer Asatru. In der BRD entstand 1994 zunächst der Rabenklan, eine Heidenvereinigung die sich von rechtem Gedankengut abgrenzt. Ihr gehören auch in ihrem Selbstverständnis linke Menschen an. Seit 1998 ist der Troth offiziell in der Bundesrepublik vertreten. Weiterhin wirkt hier die Pagan Federation, die in Großbritannien vor allem für keltisches Heidentum steht. Verschiedene Asatru - Richtungen haben Querverbindungen zur neokeltisch-magischen Wicca-Religion. AnhängerInnen von Asatru wirken als Hexen, Hexer oder schamanische SpezialistInnen.

Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ist also grob gesehen durch folgende Tendenzen geprägt:

  • Internationalisierung
  • Entstehung eines Flügels der Bewegung, der in kritischer Distanz zum rechtsradikalen und rassistischen Positionen steht und die Entscheidung des Individuums als Grundlage für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe sieht.
  • Ideologische Modernisierung der verschiedenen Richtungen, einschließlich der Integration wissenschaftlicher Erkenntnisse.


Weitere Informationen findet ihr im Internet. Hier ist ein Auswahl.

Nichtrassistische Seiten:
www.eldaring.de (linksammlung)
www.tivar.de
www.thorhammer.de

Indifferente und nach rechts tendierende Seiten:
www.asatru-online.de (große linksammlung)
www.gggev.de

Rechte und radikal rechte Seiten:
www.asgardsrei.de (hier links)
www.lichterstadt.de
www.oding.de
www.storchennest.de

== Boris==
[Nummer:04/2002]
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Datei wurde angelegt am: 12.07.2004