Incipito
Na Logo!

Intellektuelle Selbstmordattentate

    "Einübung wie Ausübung kritischen Denkens gehören zu den wichtigsten Aufgaben einer Universität. Insbesondere bei Themen, die mit Denk- und Redeverboten stark belastet sind. Die Universität Leipzig stellt sich dieser Aufgabe ein weiteres Mal." (Ankündigung zur Veranstaltungsreihe "Deutschland-Israel-Palästina", http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/DIP/DIP.htm)


Ein weiteres Mal also beehrt Georg Meggle, Leipziger Philosophieprofessor, die Welt mit einer Veranstaltungsreihe. Und ein weiteres Mal präsentiert er dabei ein "kontroverses" Thema, ganz im Stile seiner Selbstinszenierung als analytischer Philosoph, der die mit "Redeverboten" belegten Grundfragen unserer aller Zeit nach bestem Wissen und Gewissen lösen will. Und so wundert es nicht, dass er nach einigem Hin und Her nun bei dem Thema angekommen ist, welches schon seinen letzten Debatten beigemengter oder zentraler Bestandteil war: "Deutschland-Israel-Palästina". Doch beginnen wir am Anfang, sprich irgendwo in der Mitte.

Meggle und der neue Antisemitismus

Wir schreiben das Jahr 1990. Georg Meggle, zu dieser Zeit an der Universität Saarbrücken tätig, entdeckt die Ethik als sein Hauptthema. "Praktische Ethik", schreibt er dazu 1993, "ist die rationale Auseinandersetzung mit praxisrelevanten moralischen Fragen; will sagen: mit solchen moralischen Fragen, wie sie sich einzelnen Menschen (...) oder Gruppen von ihnen (...) in ihren Entscheidungsprozessen stellen, kurz- oder langfristig."[ 1 ] Als eines der Themenfelder bezeichnet er an selber Stelle "Leben und Tod". Praktische Ethik bedeutet also unter anderem die rationale Auseinandersetzung mit der moralischen Frage von Leben und Tod einzelner Menschen oder Gruppen, was bei Meggle oft einfach auf das Sezieren der Frage hinausläuft, wer wen umbringen darf und wer wen nicht.

Im Jahre 1990 also hält Georg Meggle einen Vortrag, der ihm in den Annalen des Internet immer noch eine ganze Reihe von Einträgen verschafft: "Euthanasie und der Wert eines Lebens". Meggle sorgt sich dort darum, wie man den Wert eines Menschen berechnen kann, wobei berechnen absolut wortwörtlich zu verstehen ist: "W - der Wert eines Lebens von x = die Summe der einzelnen Lebensabschnitte von x und entsprechend spezieller: W*: Der Wert des von jetzt an gesehen dem x noch verbleibenden Lebens = die Summe der Erwartungswerte der Lebensabschnitte, die x, wie er glaubt, noch vor sich hat. Mit diesem Wertebegriff sind dann auch vergleichende Urteile möglich, dass das Leben eines Individuums y. Welche Konsequenzen hat das wiederum für unsere moralische Beurteilung der Euthanasie-Situation? Welchen Wert für x sein eigener Tod hat, das hängt direkt (und zwar in linearer bzw. proportionaler Form) vom Wert seines restlichen Lebens ab. Wäre sein Leben noch ca. 50.000 DM wert, so wäre genau das der Verlust, den man ihm zufügen würde, wenn man ihm sein Leben nähme."[ 2 ] Analytische Philosophie, so nennt Meggle dies selbst: "Persönliche Wert- und Einschätzungen sollten keine Rolle spielen, das Ich hat hinter den Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten zu verschwinden. Gute Philosophen verhalten sich als Philosophen genau so." Gute Philosophen schaffen also Formeln mit denen sie den Wert des Individuums in Zahlen ausdrücken können, Zahlen mithin in denen die Kosten-/ Nutzenrechnung, mit denen Behinderte von Nichtbehinderten getrennt werden bereits innewohnt und wie sie bspw. von Peter Singer vertreten wurde.

Peter Singer, seines Zeichens philosophischer Vater der Tierrechtsszene für die er mit "Animal Liberation" das Standardwerk verfasst hatte und gleichzeitig Vertreter der Speziezismus-Theorie, die in Analogie zum Rassismus feststellt, dass Menschen = Tiere und wer Tiere tötet, aber keine Menschen, der ist Speziezist, weil er aus einer gegebenen Menge von Individuen Teile als lebensunwert betrachtet und meinetwegen verzehrt, denkt den Meggleschen Ansatz konsequent (aber bereits vorher) zu Ende und landet schließlich und endlich bei der Euthanasie. "Haben schwerstbehinderte neugeborene Kinder ein Recht auf Leben?", hieß die von Singer 1989 zu verhandelnde Frage, die er bereits in seinem Buch "Praktische Ethik" etwas genereller so beantwortet hatte: "Wenn der Fötus nicht denselben Anspruch wie eine Person hat, dann hat ihn das Neugeborene offensichtlich auch nicht, und das Leben eines Neugeborenen hat also weniger Wert als das Leben eines Schweins, eines Hundes oder Schimpansen." Und weil man sich ja manchmal schwer tut, einfach laut Nazi zu rufen, wenn es einem assoziativ in den Kopf schießt, schließt Singer auch gleich die Lücke: "Die Nazis haben fürchterliche Verbrechen begangen; aber es bedeutet nicht, dass alles, was die Nazis taten, fürchterlich war. Wir können die Euthanasie nicht nur deshalb verdammen weil die Nazis sie durchgeführt haben, ebenso wenig wie wir den Bau von neuen Straßen aus diesem Grund verdammen können." Straßenbau und Selektion von minderwertigem, weil nicht "gesunden" Leben auf der selben Stufe. Es ist ein Unterschied um das berühmte Ganze, ob Menschen sich einen Kopf darüber machen, wie die Medizin genutzt werden kann, Menschen das Leben lebenswerter zu gestalten, sprich zu erleichtern oder ob ein Singer oder ein Meggle analysieren, welche Menschen nützlich sind und welche unnützlich. Und es ist ebenso ein Unterschied um's Ganze, ob Materialisten darüber nachdenken, wie sich die Arbeitskraft eines Menschen letztlich in Marktwerten/ Geld ausdrückt oder ob Singer oder Meggle versuchen Leben als solches in Marktwerten auszudrücken und so jeglichen Gedanken an Subjektivität und Selbstbestimmung aus dem Fenster werfen, um ihren "analytischen" Mordphantasien freien Lauf zu lassen.

Singer, der sich inzwischen in drögen Abhandlungen über das Thema Globalisierungsethik gefällt und sich um Klimaschutz, wirtschaftliche Gerechtigkeit und die Spendenbereitschaft von Staaten und Individuen kümmert, wird am 29.05. Gast in Meggles Sonntagsgespräch sein und vermutlich wie in seinen Texten mit merkwürdigen Analogien begründen, warum wir alle moralisch verpflichtet sind, Geld für Hilfsprojekte zu spenden. Spannend ist das ganze nicht sonderlich, aber als Kronzeuge gegen Bush und Amerika taugt er trotz seiner Bücher "The President of Good and Evil" über G.W.Bush und "One World" über die Probleme der Globalisierung auch nur bedingt. In einem Interview mit dem Magazin "People"[ 3 ] aus dem Jahr 2004, versucht der Interviewer - offensichtlich Anhänger Singer'scher Moralvorstellungen - klare Antworten zu bekommen: "Some observers offer a view of the US administration which suggests it's in a pre-fascist phase; do you share those concerns?", wird Singer da gefragt, woraufhin dieser abwehrend reagierend mit "Well I'm not overly alarmist about it, but I do think there are some worrying signs" antwortet, um daraufhin über die Dominanz des Geldes bei Wahlen und über die Dominanz einer kleinen, reichen Elite, die das Land kontrolliert zu schwadronieren. Das ist zwar immer noch ziemlich bescheuert, klingt aber bei Singer, wie ein Kommentar des Sydney Morning Herald[ 4 ] anmerkt, "like a bureaucrat who cannot understand why politicians will not devolve more power to him". Gleichheit heißt bei Singer einfach, das vorhandene Geld gleichmäßig zu verteilen: "We would be a better nation if our generosity was more closely related to need and less closely tied to whether someone is a fellow citizen, or a victim of terrorism, or even a hero."[ 5 ] Trotz der Anschlussfähigkeit des projektiv-personalisierenden Denkens Singers, fehlt dem ganzen der offensiv politisierende Charakter, um der sonst in der Globalisierungskritik implizit enthaltenen Todesdrohung Ausdruck zu verleihen.

Der interessante Punkt am Verhältnis Meggles zu Singer erklärt sich aus der Verbindung zwischen Singer und Meggle zu Zeiten der Euthanasiedebatte Anfang der 90er. Unter anderem Meggle gehörte zu den Menschen, die sich hinter Singer stellten und diesen zu Diskussionen einluden. Massive Kritik und Proteste von Behindertenorganisationen, die verständlicherweise nicht über ihre Lebensberechtigung diskutiert wissen wollten, von linken Gruppen, die sich gegen Euthanasie-Debatten im Rahmen der Bioethik wendeten, aber auch von christlichen Fundamentalisten, die ihre Positionierung gegen Schwangerschaftsabbrüche in Gefahr sahen, führten zu Absagen von Diskussionsveranstaltungen mit Singer. "Klar wurde durch diese faktischen Denkverbote aber nur, dass die Aufklärung in Deutschland wohl definitiv gescheitert ist."[ 6 ], "Denkverbote und Tabuisierung (werden) nicht dazu führen, dass bestimmte Probleme sich einfach in Luft auflösen"[ 7 ], "Im akademischen Bereich sollte kein Tabu bestehen"[ 8 ] hieß es daraufhin vielerorts. Dieses Thema ist es auch, was Meggle umtreibt, die tiefe Sorge darüber, dass man doch als analytischer Philosoph, als praktischer Ethiker alles diskutieren müssen darf und alles andere Denkverbote sind. "Eine Einladung an den falschen Mann - und alles war zu Ende. Was war passiert? In 'Wie man in Deutschland mundtot gemacht werden kann' berichtet Peter Singer näher davon."[ 9 ] Mundtot wird man in Deutschland gemacht, wenn es aus einem herausdenkt, wie es eben so aus einem herausdenkt und dafür kritisiert wird und auf den Punkt gebracht heißt das bei Meggle, dass der Widerstand gegen Singer eine "neue Form des Antisemitismus"[ 10 ] ist. Antisemitisch ist es also, das eigene Lebensrecht höher zu halten, als das moralphilosophische Lamentieren über Lebenswerte. Die arme, verfolgte Unschuld Meggle, bereits 1990 das Opfer von Denkverboten, obwohl er doch nur "gute praktische Ethik praktizier(en)"[ 11 ] wollte. Dabei wusste er es selbst nur ein paar Jahre früher schon besser: "Meine Urteilskraft unterschied sich von der an den Stammtischen kaum."[ 12 ] Man könnte meinen, dass sich daran im Laufe der Jahre nicht viel geändert hat. "Ich war geschockt"[ 13 ], heißt es bei Meggle weiter, doch er fand seinen Frieden wieder: "Inzwischen, nach meinem Wechsel nach Leipzig, bin ich wieder optimistischer."[ 14 ] Es wird aufzuzeigen sein, warum.

Meggle und der Krieg gegen den Terror

"Terror und der Krieg gegen ihn", hieß das Thema einer zweisemestrigen Ringvorlesung zwischen 2002 und 2003. "Die wichtigste Folge dieser Ringvorlesung: Die Universität Leipzig strebt eine neue Forschergruppe Terror & Gegen-Terror an."[ 15 ] "Terror und Gegenterror" war auch das inoffizielle Motto, unter dem Meggle das Thema diskutieren wollte, wobei es bei Meggle der "Gegenterror", sprich der Irakkrieg ist, der nicht gut weg kommt. In einer unsäglichen Bezugnahme denkt es sich analytisch aus Meggle heraus: "Ich verstehe jetzt, warum (...) Jonathan Glover die These vertritt, dass die Moral des Westens in Sachen Krieg sich von der Rassen-Moral der Nazis nicht wesentlich unterscheide. (...) Für Glovers These ist der Irak-Krieg ein weiterer schrecklich starker Beleg."[ 16 ] Als analytischer Philosoph, so Meggle, hat "das Ich hat hinter den Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten zu verschwinden" (siehe oben) und es ist und bleibt notwendig analytisch festzustellen, dass Bush Hitler und der Irak-Krieg ein nationalsozialistischer Angriffskrieg ist. Und so stellt sich nach Meggle die Frage, ob "Europa seinen eigenen geschichtlichen Erfahrungen folgen (soll), wonach auch ein 'Tausendjähriges Reich' nach zwölf Jahren in Schutt und Asche liegen kann". Und das "Tausendjährige Reich" ist natürlich wieder der Verweis auf die 'Rassen-Kämpfer' der USA, die - so hofft es unterschwellig aus dem Satz - in zwölf Jahren auch in Schutt und Asche liegen mögen, wie ihre deutschen, geschichtlichen Vorbilder. So denkt es in deutschen Philosophen, die sich darüber beklagen, dass es Themen gibt, die mit Denkverboten belegt sind und noch nicht mal merken, dass das, was damit bezeichnet wird, die Forderung ist, mit dem Denken anzufangen, anstatt sich in antiamerikanischen Nazivergleichen zu suhlen und damit auch noch den denkenden Tabubrecher zu spielen, aber doch nur der universitäre, deutsche Stammtisch zu sein.

Es ist die Form der Selbststilisierung in Verbindung mit einem haarsträubenden Inhalt, was Megglesche Textproduktion so unglaublich ungenießbar macht. So beschreibt Meggle in seinem Abschlusspapier[ 17 ] zu "Terror & der Krieg gegen ihn" eine Situation in der er von der UN beauftragt wird, im Rahmen einer Kommission die Fragen zu klären, ob der Krieg gegen den Terror unterstützt werden darf, wie der Irak-Krieg beurteilt werden und wie es weitergehen soll. "Der Didaktik wegen" stilisiert sich der Provinzphilosoph Meggle, der mit dem kalkulierten Skandal seine wissenschaftliche Unwichtigkeit zu überspielen sucht, zum Berater und Vordenker der Welt und ihrer moralischen Anforderungen. Ist schon die Frage der Moral eine falsch gestellte, sind die Antworten darauf an größenwahnsinniger Deutlichkeit kaum noch zu überbieten: "Anklageerhebung gegen die US-Regierung und der sie unterstützenden Regierung vor einem Weltgerichtshof." "Die USA will die Weltvorherrschaft. Das geht nicht ohne Europa." Deshalb: "Westeuropa koppelt sich von den USA ab." Deshalb: "Keine Erweiterung der NATO, vielmehr deren Auflösung" Deshalb: "Deutschland und Frankreich raus aus der NATO." Und weiterführend, weil das ja alles noch nicht so richtig vorwärts geht, hat Meggle eine Vision: Zwei "Brüder", die vor dem selben "Dilemma" stehen, nämlich sich anpassen zu sollen oder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, sollen sich vereinen. "EURABIA" heißt die visionäre Lösung, die helfen soll, eine starke Gegenmacht gegen die amerikanische "Weltvorherrschaft" zu entwickeln. Doch auch EURABIA steht noch vor einem Dilemma, welches dem Familienglück unter Brüdern im Wege steht, ein "Trauma (...), das diese Familie zerreißt": ein "dritter Bruder": "Er versteckt sich voller Angst und daher bis an die Zähne bewaffnet, in Israel." Es ist von Glück zu reden, dass Meggle auch davon keine Ahnung hat, denn glücklicherweise versteckt sich Israel nicht voller Angst, trotz der alltäglichen Todesdrohung durch palästinensische suicide bomber und deren deutsche Partner im Geiste, sondern versucht seine Geschicke und Zukunft selbstbewusst in die Hand zu nehmen, um eben nicht von den "zwei Brüdern" abhängig zu sein. "Keiner der drei Brüder wäre ohne die beiden anderen das, was er ist.", räsoniert Meggle weiter und es lässt sich aus dieser verschrobenen Metapher erahnen, was er damit meint, denn es heißt doch nichts anderes, als dass die arabische Welt und Deutschland/ Europa so sind, wie sie sind, weil Israel existiert, sprich der Zustand bspw. Palästinas wird durch Israel verursacht. In diesem Sinne ist es als Drohung zu verstehen, wenn Meggle schlussfolgert, dass "die gemeinsame Zukunft Europas und Arabiens davon ab(hängt), dass auch dieser gordische Knoten gelöst wird". Und da Meggle endlich angekommen war beim zentralen Problem der Welt, nämlich bei Israel, machte er gleich weiter.

Meggle und Honderich

Acht Monate nach der Ringvorlesung "Terror & der Krieg gegen ihn" lädt sich Meggle konsequenterweise Ted Honderich zum Sonntagsgespräch ein. Zur Frage "Gibt es ein Recht auf Terrorismus?", was im konkreten Fall übersetzt heißt "Gibt es ein Prinzip der Humanität, das es moralisch rechtfertigt, Juden umzubringen?" liefert dieser dann auch gleich die Antwort: "Die palästinensische Selbstmordattentäterin (hat) ein moralisches Recht zu ihrem Akt des Terrorismus. (...) Der Israeli im Hubschrauber (hat) kein moralisches Recht zu seinem Akt des Staatsterrorismus."[ 18 ] In verblüffender Offenheit spricht Honderich von der "Vergewaltigung eines Volkes", nämlich des palästinensischen, welche zu stoppen gerade die Deutschen aufgrund ihres "moralischen Vorsprungs", den sie durch die aufgearbeitete Schuld an der Shoa erworben hätten, aufgerufen seien. Doch die Deutschen schweigen, meint Honderich und stellt die Vergewaltigungsfrage als Frage an die Deutschen neu: "Ist es so als habe ihr Vater eine Frau ermordet - und als Resultat schweigen sie nun zu einer Vergewaltigung, die der Sohn dieser Frau begeht?" Nicht nur, dass Honderich sich Gesellschaften nur als Völker vorstellen kann, die sich durch das Bild von Körpern beschrieben lassen, sprich Gesellschaften für ihn Volkskörper sind, die vergewaltigt oder umgebracht werden, er bedient auch das Bild einer wurzellosen jüdischen Gesellschaft, die nichts aus der Geschichte gelernt hat und vom Opfer zum Täter wird, weil sie in das Volksgebiet der fest verwurzelten Palästinenser eingedrungen ist, den gesunden Volkskörper beschädigt hat und nun "das verbleibende Heimatland der verbleibenden Palästinenser bedroht". "Niemand hat mich gefragt, ob die Terroristen ein moralisches Recht hätten, Israelis zu Tode zu quälen. (...)Wenn jemand mir eine solche Frage gestellt hätte, wäre meine Antwort ein schnelles "Nein" gewesen.", moralphilosophiert Honderich in der Jungen Welt vom 14.11.03 weiter, ganz so als würde dies etwas besser machen, wenn er seine Unterstützung antisemitischer Mörder auf die Wahl bestimmter Formen des Mordens beschränkt. Meggle musste lange suchen, um einen Dissens mit Honderich zu finden. Nachdem er erst mal seine Gemeinsamkeiten mit Honderich darstellt, Israels Politik gegen Palästina "für ein Verbrechen"[ 19 ] hält und Sharon und Bush vor ein internationales Gericht stellen will, legt er los mit seiner Kritik an Honderich und moniert, dass dieser nicht zwischen starkem und schwachem Terror unterscheiden würde. Das bedeutet, dass "der schwache Terrorismus, (...) der sich gegen die Unterdrücker und nur gegen diese wendet" moralisch sehr wohl legitim ist, während starker Terrorismus in Form von Attentaten gegen die Zivilbevölkerung nicht legitimiert sei. "Professor Dr. Georg Meggle ist einer der besten neuen Philosophen in Deutschland.", hallt es von Honderich in der Jungen Welt zurück, um auch diese Diskussion zu einem guten Ende zu bringen, "Es fiel mir nicht schwer, mich der Meinung anzuschließen, daß die Palästinenser kein moralisches Recht auf starken Terrorismus haben. Grob gesagt, erstreckt sich das Recht der Palästinenser auf die Art von Terrorismus, den sie zur Zeit ausüben. Korrekt benannt handelt es sich um Selbstverteidigung, Freiheitskampf, Widerstand gegen ethnische Säuberung und Staatsterrorismus, Selbsterhaltung als Volk und Terrorismus im Namen der Humanität. Muss man dieses Recht noch detaillierter beschreiben?" Nein, danke, das reicht, denn da waren sie sich wieder einig, die Moralphilosophen mit ihrer messerscharfen Analyse, welches Mordinstrument man wie gegen den jüdischen Staat in Stellung bringen darf, um Antisemiten mit den Vergewaltigern des palästinensischen Volkes das machen zu lassen, was man selbst nur denken darf. "Universitäten sind kein Ort für Denkverbote, weder für explizite noch für die durch die Schere im eigenen Kopf. Im Gegenteil: Sie sind der Ort, für den - im jeweiligen Rationalitätsrahmen der verschiedenen Disziplinen - das offene, meinungsfreiheitliche und furchtlose solitäre und gemeinsame Nachdenken grundrechtlich zugesichert ist."[ 20 ], heißt es in der Beschreibung des Konzepts der Sonntagsgespräche in deren Rahmen Honderich und Meggle, die bereits oben erwähnte Frage sezierten, wer wen wie umbringen darf. Und tatsächlich fühlen sie sich bei ihrem zynischen Geplauder furchtlos, offen und meinungsfreiheitlich gegen Denkverbote kämpfend, die dummerweise offensichtlich nicht existieren und wenn dann nur als selbstauferlegte Aufgabe, in jedem Fall einfach ohne Nachzudenken mal alles über Israel erzählen zu dürfen, was einem gerade in den Kopf kommt. Sie waren Brüder im Geiste und kämpften auf der Seite von Antisemiten gegen die bösen Denkverbote. Doch einer fehlt noch in der Reihe des Grauens.

Meggle und Chomsky

Noam Chomsky bleibt es vorbehalten, das Thema Peter Singer's, die Globalisierung und das Thema Ted Honderich's, den intellektuellen Stammtischantisemitismus zusammenzuführen, um daraus ein Gemisch zu brauen, das sich nun in den Bücherschränken der globalen Gemeinschaft der Israel- und Amerikahasser wiederfindet und welches am 28.03.05 den Auftakt der Meggleschen Veranstaltungsreihe "Deutschland-Israel-Palästina" bildet. Man kann aufgrund der Textproduktion Meggles getrost davon ausgehen, dass diese Form der Eröffnung ein ähnlich persönliches Anliegen war, wie die Veranstaltung mit Ted Honderich und man kann auch getrost davon ausgehen, dass die politische Relevanz Chomsky's aufgrund seiner Nähe zur Globalisierungskritik weit über die des Bürokraten Singer und des Terrorphilosophen Honderich hinausgeht.

"Nothing to worry about" war der lockere Kommentar den Noam Chomsky übrig hatte, nachdem die National-Zeitung[ 21 ] des DVU-Parteichefs Frey in den Ausgaben 26 und 27 im Jahre 2002 unter den Überschriften "Warum Israel das Recht bricht - Interview mit dem jüdischen Philosophen Chomsky" und "Wer stürzt die Welt in den Krieg? Was ein mutiger Jude enthüllt" Interviews mit dem "größten lebenden Vordenker der Globalisierungsgegner" (Süddeutsche Zeitung, 10.10.2001) abdruckte, welches dieser nach Selbstaussage nie gegeben hatte. "So whatever appeared there must have been collected by them from some other source - unless, maybe, they are using some other name and are taking something from an earlier interview."[ 22 ], folgerte Chomsky weiter und es mag nicht verwundern, dass er gar nicht merkte, dass er den eigentlichen Kern des Skandals verpasst hatte, nämlich, dass seine Theorien anschlussfähig sind für ganz gewöhnliche Antisemiten und Faschisten, von denen einer zu sein, Chomsky selbst weit von sich weisen würde. Am 28.07.2000 hatte Chomsky der weitaus weniger verdächtigen Zeitung "Die Woche" ein echtes Interview gegeben: "Der Holocaust wird - wie auch ich schon seit Jahrzehnten schreibe - seit den späten 60er Jahren ausgebeutet.", heißt es da und weiter: "Und zwar nicht nur zur Rechtfertigung der israelischen Besetzung im Nahen Osten, sondern auch aus innenpolitischen Gründen in den USA (und anderswo im Westen) und schlicht aus vulgärem Karrierismus."[ 23 ] Mit diesen simplen Worten, die genau so gängiges Vokabular von Blättern wie der National-Zeitung sind, schlug sich Chomsky damals auf die Seite Norman Finkelsteins, der ein Jahr zuvor das Buch mit dem richtungsweisenden Titel "Holocaust-Industrie" herausgegeben hatte. Und um seinen Worten, dass mit Israel im Nahen Osten in der aktuellen Form Schluss sein muss Ausdruck zu verleihen, setzte er seine Unterschrift unter einen "Aufruf von Jüdinnen und Juden an die israelische Regierung", der die "Rückkehr und Entschädigung" der palästinensischen Flüchtlinge forderte. Es bedarf wohl noch nicht einmal einem Chomsky einer weiteren Erklärung, dass eine Realisierung dieser Forderung das Ende Israels als Staat, der potentiell Schutz für Zuflucht suchende Jüdinnen und Juden bietet, bedeuten würde. Doch es geht noch weiter und das Titanic-Titelbild "War Hitler ein Antisemit?" ist nicht in der Lage mit der Realität mitzuhalten: "Ich sehe keine antisemitischen Folgerungen, die aus der Verneinung der Existenz der Gaskammern zu ziehen wären, oder sogar aus der Leugnung des Holocaust."[ 24 ], denkt es nicht in der National-Zeitung, sondern in dem Empiriker, dem Wissenschaftler Chomsky, dem meistzitierten lebenden Geisteswissenschaftler und er liefert damit auch gleich die Erklärung, was seine Unterstützung des französischen Holocaust-Leugners Robert Faurissons betrifft, für den er zuerst eine Petition unterschrieb, die Faurisson eine "umfassende historische Forschungsarbeit" bescheinigte, um später das Vorwort für ein Buch zu verfassen, in dem Faurisson Gaskammern und Holocaust als Lügen und Schwindel bezeichnete.[ 25 ]

Und doch, reicht es auch in der heutigen Welt nicht aus mit der Unterstützung von Holocaustleugnern im Namen der Meinungsfreiheit zum "wichtigsten lebenden Intellektuellen unserer Zeit" (New York Times Book Review) zu werden. Was also treibt den Linguisten Chomsky in seinen politischen Wahn? Er ist kein moralischer Bürokrat, der nur will, dass alle ein bisschen von ihrem Geld spenden, auch seziert er nicht so gerne die Frage, mit welchen Mitteln man Juden und Jüdinnen umbringen darf, überhaupt mag er nicht gern über Islamisten, Antisemitismus, Gesellschaftskritik oder Kapitalismus sprechen. Sein Thema ist einfacher: "Ein begrenztes Set von Grundsätzen und Regeln reicht aus, um eine prinzipiell unbegrenzte Anzahl politischer Handlungen zu beschreiben.", beschreibt Chomskys deutscher Übersetzer dessen Denken und nennt das ganze eine "politische Universalgrammatik"[ 26 ] Chomsky's in die Linguistik eingebrachter Begriff der Universalgrammatik bezeichnet die Fähigkeit des Menschen mit einer geringen Anzahl grammatischer Regeln und einer begrenzten Anzahl an Wörtern unendlich viele Sätze bilden zu können. Diese Fähigkeit ist nach Chomsky angeboren in dem Sinne, dass alle Menschen eine Art genetisches Grammatikprogramm besitzen auf dessen Basis die jeweils spezifischen Sprachen erlernt werden können. Ohne linguistische Debatten auszuwälzen und ohne auf die Kritik an und auch auf die philosophischen Konsequenzen aus diesem Denken einzugehen, lässt sich feststellen, dass Chomsky einen linguistischen Universalismus propagiert, der nicht unbedingt bedeutet, dass Denken Folge von Sprache ist, sondern, dass Grammatik als Basis von Sprachfähigkeit angeboren und für alle gleich ist. Dieser Gleichheitsgedanke durchzieht auch das gesamte politische Denken Chomskys. Hier sind es zwei Faktoren, die Chomskys "politische Universalgrammatik" - auch wenn sich Chomsky immer gegen Analogien zwischen seinen wissenschaftlichen Theorien und seiner politischen Arbeit gewehrt hat - beschreiben: einerseits "greed for wealth and power, which is embodied in the giant American corporations"[ 27 ], also die Gier nach Reichtum und Macht, die sich in amerikanischen Firmen manifestiert; andererseits "an instinct for freedom", der dem Grammatikgen ähnlich quasi angeboren sein soll und auf dessen Basis "people around the world (...) resist the giant corporations"[ 28 ] Es ist bereits diese deutliche Trennung in die unnatürliche, nicht angeborene, aber trotzdem personalisierte Macht- und Geldgier, die dem natürlichen Drang nach Freiheit entgegensteht und diesen unterdrückt, die das Denken Chomskys so unappetitlich macht, aber gleichzeitig anschlussfähig ist für die Kämpfer gegen die Unterdrücker der Welt, seien es Globalisierungskritiker, antisemitische Mörder, Antiamerikaner oder sonst wie unsympathische Menschen. Die natürliche Sphäre des "normalen", arbeitenden Menschen der Böswilligkeit einiger Weniger entgegenzuhalten, die die Macht über die Welt an sich gerissen haben sollen und dort mittels Geld, Medien und Wirtschaft den normalen Menschen in seinem Freiheitswillen unterdrücken und dumm halten, sie quasi als Marionette für den Erwerb eigenen Reichtums benutzen, ist nicht nur eine verdammt blöde Sicht auf die Welt, es ist auch schlicht antisemitisch aufgeladener Antikapitalismus. "Der 'fetischisierte Antikapitalismus', (...) besteht gerade darin, die abstrakte und die konkrete Dimension als zwei getrennte Sphären wahrzunehmen: Die Produktion, auch in der Industrie, steht für das Konkrete, hingegen das Geld, die Börse und die Wertform für das Abstrakte."[ 29 ], heißt es sinngemäß bei Postone und dieser selbst: "Auschwitz war eine Fabrik zur 'Vernichtung des Werts', d. h., zur Vernichtung der Personifizierungen des Abstrakten. Sie hatte die Organisation eines teuflischen industriellen Prozesses mit dem Ziel, das Konkrete vom Abstrakten zu 'befreien'." Das böse Abstrakte gegen das gute Konkrete. Nichts anderes ist es, was Chomsky beschreibt und sein Kampf gilt dem bösen Abstrakten auf der Seite des guten Konkreten oder wie er es in einer seiner unendlichen Analogisierungen sagt: "Wir sollten fragen, wie die New York Times auf die arabische Forderung reagieren würde, dass die Juden keine second homeland verdienen (gemeint ist Israel/ Laatsch), da sie bereits New York haben, mit einer großen jüdischen Bevölkerung, jüdisch gelenkten Medien, einem jüdischen Bürgermeister und der Dominierung des kulturellen und ökonomischen Lebens."[ 30 ] New York, die Hauptstadt der Juden, das Zentrum das Abstrakten und in letzter Konsequenz deswegen auch angegriffen von antisemitischen Mördern am 11.09.01. Doch dass Chomsky von Antisemitismus und wie er funktioniert keine Ahnung hat und somit auch keine Ahnung davon, wie er ihn selbst mitbetreibt, hatte er ja schon mit seiner Unterstützung von Holocaust-Leugnern bewiesen.

Es ist ganz gewiss nicht so, dass sich Chomsky explizit auf die Seite der Mörder vom 11.09 stellt. Auch deren Methoden sind für ihn Terror, den er nicht dulden mag, weil dabei unschuldige Menschen sterben und bezeichnet die Anschläge als "Verbrechen" und "Gräueltaten"[ 31 ], doch liefert seine simple "politische Universalgrammatik" die implizite Begründung für sämtliches Tun, das mit Denken nicht zu erklären ist. Und so redet er in seinen Texten und Interviews auch nicht gerne über antisemitischen und antiamerikanischen Terror, sondern nutzt beides, um es auf entweder auf eine Stufe zu stellen mit der amerikanischen Politik, die er gelegentlich als den "eigentlichen internationalen Terrorismus" bezeichnet oder gar die amerikanische Politik als Ursache für den Terror zu beschreiben, ganz nach dem Motto, dass die Verdammten dieser Erde sich natürlich gegen die Supermacht wenden dürften. Und so wundert es auch nicht, dass er in Bezug auf Israel und in Unterstützung Uri Avnerys, der übrigens als letzter Gast in Meggles Veranstaltungsreihe am 29.01.2006 in Leipzig weilen wird, feststellt, "dass die Scharon-Regierung ein einziges riesiges Labor zur Züchtung des Antisemitismus-Virus darstellt"[ 32 ]. Die USA und deren "Klientelstaat"[ 33 ] Israel sind selbst Schuld an Terror und Hass, die ihnen entgegenschlagen, denn sie sind die Unterdrücker, die Mächtigen im Kampf gegen die Ohnmächtigen, die dann zu suicide bombern werden (müssen). Wer jetzt an Honderich (und Meggle) denkt, ist nicht selber schuld, sondern denkt zusammen, was offensichtlich auch zusammen gehört. Arundhati Roy war es, die in einer Würdigung Chomsky anspielend auf die Frage, warum der 11.09. passieren konnte, die zu stellenden Fragen formulierte: "Wenn gewöhnliche Menschen in den Vereinigten Staaten Chomsky lesen würden, wären ihre Fragen vielleicht etwas differenzierter. Vielleicht würden sie fragen: "Warum hassen sie uns nicht viel mehr, als sie es tun?", oder "Ist es nicht verwunderlich, dass der 11. September nicht schon früher geschah?"" Globalisierungskritik in projizierter Reinform. Oder wie es der NPD-Fraktionschef im Dresdner Landtag, Holger Apfel schmissig formuliert. "Terror, Krieg, Gewaltherrschaft haben einen Namen in der Welt - die Vereinigten Staaten von Amerika!"[ 34 ]

Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich ist Chomsky Antifaschist, genau wie die friedensbewegten Deutschen mit Schröder an der Spitze Antifaschisten sind., nämlich in dem Sinne, dass Hitler und dessen Judenvernichtung und dessen Krieg falsch waren, Verbrechen, die nie wieder passieren dürfen. Doch ganz in der Logik Chomsky bricht sich seine Analyse der Judenvernichtung in unsäglichen Analogien bahn: "Im Augenblick findet in den USA eine sehr charakteristische Entwicklung statt. Sie war auch schon in anderen Ländern zu beobachten: steigende soziale und ökonomische Probleme,ja vielleicht sogar Katastrophen und keiner der Regierenden kümmert sich darum."[ 35 ], beginnt Chomsky, um dann die Probleme zu kennzeichnen, um die sich die Mächtigen nicht kümmern: "Probleme im Gesundheitsbereich, Erziehungssystem, der Arbeitslosigkeit, der Obdachlosigkeit, der Kriminalität, der Gefängnisse und des Verfalls der Innenstädte etc." Und weiter: "Unter diesen Umständen muß die wilde Herde abgelenkt werden, denn sobald sie diese Probleme wahrnehmen, dürften sie nach Lösungen verlangen, schließlich sind sie es, die darunter leiden. Laßt ihnen ihren Superbowl und die Unzufriedenheit hält sich in Grenzen. Dazu müssen noch Feindbilder konstruiert werden, damit sie in Angst versetzt werden." Und man ahnt es schon, was nun herbei analogisiert wird: "In den 30ern stachelte Hitler seine Bevölkerung gegen die Juden und die Zigeuner auf. Sie mussten vernichtet werden, um zu überleben." Hitler als Vertreter der kleinen Clique der Mächtigen, die das Volk von den wirklichen Problemen ablenkten, indem er die Juden aus dem Hut zauberte. Und was mit den in dieser Logik Hitler-Nachfolgern zu geschehen hat, weiß Chomsky auch: "Wenn es nach den Nürnberger Prozessen gegangen wäre, dann hätte man seitdem jeden US- Präsidenten gehenkt."[ 36 ] Chomsky kann nichts verstehen, will nichts verstehen und wird nichts verstehen, denn sein Kampf gilt den "Bestimmern" und das sind "investment bankers, boards of directors, government office holders." Und "The center of world power is in America", um wenig beruhigend hinzuzufügen "but it is not by any means exclusively American. It is an international elite."[ 37 ] Welcome to Germany Mr. Chomsky, hier versteht man sie, hier kennen sich die Menschen damit aus, wie es geht als verschworene Volksgemeinschaft den Volkskörper vor der personalisierten, abstrakten Gefahr zu retten und hier wird man mit ihnen zusammen den Kampf gegen die USA und Israel aufnehmen.

Alfred Schobert versucht im September 2002 trotz allem dieses Denken, nachdem er zuvor noch die Zuneigung der extremen, auch holocaustleugnenden Rechten gegenüber Chomsky beschrieben hat, für die Linke zu retten und (inter)nationalisiert es einfach, indem er das "mutige Engagement gegen die imperiale Politik der USA, (das) ihn unbestreitbar zu einem der herausragenden linken Intellektuellen unserer Zeit macht" lobend, eine Aussage Chomskys zum politischen Programm erhebt: "Das grundlegendste moralische Prinzip müsste dazu führen, die einheimischen Verbrechen im Vergleich zu denen der offiziellen Feinde 'hochzuspielen', das heißt, diejenigen Verbrechen 'hochzuspielen', gegen die man etwas unternehmen kann."[ 38 ] Was in Deutschland dann nichts anderes heißt, als das zu machen, was man sowieso schon macht, nämlich vom Staat einzufordern, dass er sich nicht an den "Verbrechen" beteiligen darf, die die USA und Israel begehen oder wahlweise wie aktuell bei der Deutschen Bank gegen die Unmoral deutscher Managergenerationen anzukämpfen, die nach der Logik eines Chomskys ja zu der kleinen Elite gehören, die es zu bekämpfen gilt. So kann dann ein moderner Internationalismus mit Chomsky tatsächlich aussehen, getrennt kämpfen, vereint schlagen, zusammen gewinnen. Zumindest mir erscheint das beängstigend.

Fazit

"Der Israel-Palästina-Konflikt ist wie eine tödliche und, wie viele erklären, unheilbare Krankheit,"[ 39 ] heißt es in Meggles Ankündigung zur Veranstaltungsreihe "Deutschland - Israel - Palästina". Nachdem Meggle eigentlich schon mit Honderich geklärt hatte, was die moralische Verpflichtung sei, wird er diesmal sicher auch mit Noam Chomsky zu einem verständigen Ergebnis kommen, wenn dieser ihm die Macht der Medien, der Wirtschaft und Israels erklärt und beide zu dem Ergebnis kommen werden, dass die Dominanz der Mächtigen über die Ohnmächtigen zwar nicht alles rechtfertigt, aber alles erklärt und damit dann doch wieder alles implizit rechtfertigt. Oder wie Meggle es bei einer Ausstellungseröffnung einmal formulierte: "Etwa 150 Meter von der Geldtauschstelle auf dem zentralen Marktplatz in Richtung der Bushaltestelle direkt an der ersten Straßenecke rechts - das ist die Stelle beim Suk von Aden an der auf einem schmutzigen Teppichfetzen seit Jahren tagein tagaus, eine dünngliedrige, beinamputierte jüngere Frau liegt und, ohne die Vorübergehenden anzusprechen, auf Almosen wartet. Ein Wesen wirklich nur aus Haut und Knochen. Ich stehe da, ein Bündel Mensch vor mir im Staub. Ich beuge mich etwas tiefer, sehe ihr in die Augen. Der strahlendste Blick. Ein Leuchten, das alle Narben der Seele mit einem Schlag heilt. (...) Seitdem verstehe ich aber auch etwas anderes: Was passieren müsste, um selbst zum Terroristen zu werden. Wehe irgendeine Macht krümmt dieser Frau auch nur ein Haar."[ 40 ] Es ist dieses naturalisierte Bild der absoluten Unschuld: keine Beine, keine Macht, fast kein Leben mehr, welches Meggle, Chomsky und Honderich auf Völker übertragen, die es zu schützen und zu unterstützen gilt, um ihre verletzte Volksseele vor den imperialistischen Vergewaltigern zu schützen. Sie werden zusammen eine Lösung finden gegen die Macht, wenn der Provinzanalytiker, Terrorismusexperte und heimliche neue UN-Generalsekretär Meggle mit einer zentralen Figur der Theorie der Globalisierungskritik und Vorkämpfers gegen die Macht, also einem Theoretiker des intellektuellen Israel- und Amerikahassens gegen "Denk- und Redeverbote" kämpfen, die ihnen wohl auch diesmal keiner auferlegt. Dann eben von dieser Stelle: Shut the fuck up!


[ 1 ] G. Meggle, Ethik - raus aus der Uni? In: Johann S. Ach / Andreas Gaidt (Hg.), Herausforderung der Bioethik, Stuttgart-Bad Cannstatt, 1993, S. 218-232.
[ 2 ] http://www.assista.org/files/Tolmein94.pdf
[ 3 ] http://www.nthposition.com/aconversationwithpeter.php
[ 4 ] Paul Sheehan, Sydney Morning Herald 28/12/2002
[ 5 ] "Who Deserves the 9/11 Cash Pile?", Peter Singer in: "Slate, December 12, 2001"
[ 6 ] http://www.vegetarierbund.de/nv/nv_2002_6__Buch_des_Monats,__Animal_Liberation_-_Die_Befreiung_der_Tiere.html
[ 7 ] http://www.sonderpaedagoge.de/literatur/machina/56.htm
[ 8 ] Dieter Birnbacher, der Singer eingeladen hatte in der TAZ vom 14.12.2004
[ 9 ] Georg Meggle, Meine philosophischen Probleme und ich. In: Joachim Schulte und Uwe Justus Wenzel (Hg.), Was ist ein 'philosophisches' Problem?, S. 102-113.
[ 10 ] Zitiert nach Martin Blumentritt "Das bioethische Netzwerk", http://www.comlink.de/cl-hh/m.blumentritt/agr218s.htm
[ 11 ] Georg Meggle, Meine philosophischen Probleme und ich. In: Joachim Schulte und Uwe Justus Wenzel (Hg.), Was ist ein 'philosophisches' Problem?, S. 102-113.
[ 12 ] Ebd.
[ 13 ] Ebd.
[ 14 ] Ebd.
[ 15 ] http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/ws-0203/rvp-0502.pdf
[ 16 ] http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/ws-0203/04-02-03.pdf
[ 17 ] Ebd., so wie auch die folgenden Zitate in diesem Absatz
[ 18 ] http://www.uni-leipzig.de/~sonntag/ws0304/031019_manuskript_d.pdf
[ 19 ] http://www.uni-leipzig.de/~sonntag/ws0304/031019_kommentar.pdf
[ 20 ] http://www.uni-leipzig.de/journal/0305/sonntag.html
[ 21 ] Auch Honderich bekam in Ausgabe 05/2004 sein Interview in dem er unter dem Titel "Schlimmer als Möllemann?" über die "Raubgier des Neo-Zionismus" berichten durfte
[ 22 ] http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2002/09/chomsky.htm
[ 23 ] http://www.anarchismus.at/txt3/chomsky14.htm
[ 24 ] http://waltpolitik.powerbone.de/herstory/ge_choms.htm
[ 25 ] Infos aus Klaus Thörner, "MarLenit und Maulwurf", Bahams Nr.45, ein auch ansonsten recht aufschlussreicher Artikel.
[ 26 ] Freitag 22/2004
[ 27 ] Paul Berman, 16.09.03, http://www.demosophia.com/2003/09/paul_berman_on_.html
[ 28 ] ebd.
[ 29 ] http://www.fsk-hh.org/akt/0009moishepostone.html
[ 30 ] zitiert nach Klaus Thörner, "MarLenit und Maulwurf", Bahams Nr.45
[ 31 ] http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/USA/chomsky3.html
[ 32 ] http://www.zmag.de/artikel.php?id=289
[ 33 ] http://www.chomsky.zmag.de/vortraege.php?id=9
[ 34 ] TAZ, 14.02.
[ 35 ] http://www.zmag.de/artikel.php?id=128
[ 36 ] http://www.kalifat.org/index.php?static=themes/chayr/zitate.htm&clean=yes
[ 37 ] http://www.jochnowitz.net/Essays/ExtremistLang.html
[ 38 ] http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2002/09/chomsky.htm
[ 39 ] http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/DIP/DIP.htm
[ 40 ] http://www.uni-leipzig.de/~philos/meggle/v-28-04.pdf

== Laatsch (incipito)==
[Nummer:16/2005]
Zur Homepage
Datei wurde angelegt am: 25.02.2005