01 | 09 | 2001 deutschland den krieg erklären - desaster area in leipzig



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Ein 1. Mai im September oder "Wir wollen alles kaputt machen ..."[druckversion]


Es war 1998 als der letzte Versuch der Nazibewegung in Leipzig aufzumarschieren zu einem der größten Erfolge der Antifa wurde. Jetzt wollen die Nazis am 1. September einen neuen Versuch starten. Im Gegensatz zu 1998 haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse allerdings für die Antifa verkompliziert. Doch letztlich sind das nur ein paar Gründe mehr, den Tag weder den Nazis noch ihrem zivilgesellschaftlichen Gegenpart zu überlassen.

Deutsche als Opfer

Wenn sich am 1. September der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen und damit der Beginn des II. Weltkriegs zum 52. Mal jährt, wird in Deutschland allgemein der Opfer gedacht werden. Zwischen dem offiziellen Gedenken und dem Gedenken bekennender Nazis wird es allerdings eine Kluft geben. Während offiziell als Verantwortliche die Nazis und ihr Führer Hitler gebrandmarkt werden, wird in Nazikreisen weiter die Legende gepflegt, es seien andere Mächte gewesen, die das friedliebende Deutschland in den Krieg gezogen hätten. Entsprechend wird sich auch die Definition, wer Opfer gewesen ist und wer nicht, unterscheiden. Hitler hatte ja schon vor dem Kriegsbeginn die Juden als Schuldige ausgegeben. Und dieser Antisemitismus lebt bei denen, die sich positiv auf den Nationalsozialismus beziehen, fort.
Einig sein werden sich aber die offiziellen Gedenkreden mit den Nazis, daß auch die Deutschen Opfer dieses Krieges und mit ihm einer ihnen fremden Verschwörung geworden sind. Sind es offiziell auch nicht die Juden, sondern eben jene Nazis, die das Volk "verführt" und "ins Unglück gestürzt" haben, werden doch von den Kontinuitäten, die dieses Volk mit jenem verbindet, daß begeistert über ganz Europa hergefallen ist, um "Lebensraum" zu erobern und "Untermenschen" zu vernichten, weder Nazis noch offizielle Gedenkreden berichten.
Aus dieser Parallele aber eine Komplizenschaft deutscher Nazis und deutscher Politik zu schlußfolgern, wäre verkehrt. Am 1. September wird sich in Leipzig zeigen, wie unvereinbar diese beiden Opfermythen gegenwärtig sind, auch wenn sie in wesentlichen Konsequenzen übereinstimmen.

Nazis gegen Imperialismus

In den Aufrufen zur Nazidemo unter dem Motto "September - damals wie heute: Für Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung!" werden für den Ausbruch des II. Weltkriegs "kapitalistisch-imperialistische Kräfte" verantwortlich gemacht. Mit dieser Konstruktion begründen die Nazis auch ihre Ablehnung gegenwärtiger militärischer Interventionen der Bundeswehr im Ausland. So ergibt sich die paradoxe Situation, daß die Nazibewegung, indem sie sich auf den Nationalsozialismus positiv bezieht, durch ihren Geschichtsrevisionismus jene Politik ablehnt, die heute auf eine Vorherrschaft der BRD in Europa und damit ein wesentliches Kriegsziel Deutschlands im II. Weltkrieg gerichtet ist.
Neben dem Geschichtsrevisionismus, der eine jüdische Weltverschwörung und die Alliierten zu den Schuldigen am II. Weltkrieg macht, ist für die Ablehnungen des gegenwärtigen deutschen Vormachtsstrebens aber auch die Antikapitalismuskonzeption der Nazis verantwortlich. Der nationalsozialistische Antikapitalismus kritisiert die herrschenden Verhältnisse dafür, daß in ihnen die Herrschaft des Kapitals maßgebend ist. Herrschaft des Kapitals heißt dabei die Herrschaft der Interessen derer, die das Kapital besitzen und von seinen Erträgen leben. Gemäß seinen völkischen Vorstellungen muß aber die eigentliche Grundlage, auf der Entscheidungen fallen, das Interesse der Volksgemeinschaft sein. Letztlich wird damit der Idee eines durch völkische Interessen gebändigten Kapitalismus das Wort geredet. Denn es geht dem Nationalsozialismus keineswegs darum, die Grundlagen der kapitalistischen Produktionsweise abzuschaffen, sondern in einem Volksgemeinschaftsmodell, die Klasse der Kapitalbesitzenden zu "Wirtschaftsführern" zu machen.
In einem solchen Modell organisiert sich das deutsche Volk seine Wirtschaft selbst. Für die Interessen anderer, die als solche aufgrund völkischer Kategorien bestimmt werden, ist dabei kein Platz. So erklärt sich auch der aggressive Antiamerikanismus der Nazis, die gegenwärtig Kriegseinsätze hauptsächlich ablehnen, weil über die Nato eine feste Bündnisanbindung der BRD an die USA besteht. Wird die Nato aber ausschließlich als Machtinstrument der USA betrachtet, dann sind die Bestrebungen des wiedervereinigten Deutschlands nach weltweiter militärischer Souveränität, ein deutsches Blutopfer für die Interessen einer fremden "kapitalistisch-imperialistischen Macht", die ihrerseits die BRD seit 1945 im Würgegriff hält.
Es ist also klar, daß das Motto "Für Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung" ganz klar auf die Freiheit Deutschlands, seine Unabhängigkeit von den Kooperationsstrukturen mit den anderen kapitalistischen Staaten und den Frieden eines deutschen, völkischen Imperialismus zielt. Dabei unterscheidet sich der völkische Imperialismus in seinen Ansprüchen von der Durchsetzung des globalen Kapitalismus. Geht es letzterem um die Durchsetzung der Ausbeutungs- und Produktionsbedingungen, die für seine Ökonomie notwendig sind, setzt die völkische Variante auf die Umgestaltung der Welt mit den Mitteln des Terrors und der Vernichtung, wie die Zeit von 1939 bis 1945 beweist.

Zivilgesellschaft für Großmachtbestrebungen

Der dominante Teil der Gesellschaft in der BRD hat für solche Nazikonzeptionen der Weltherrschaft gegenwärtig wenig Sympathien. Hier wird der globale Kapitalismus trotz aller Vorbehalte gegen das internationale Finanzkapital und andere Globa-lisierungsgespenster als einzig vernünftige Weltordnung angesehen. Entsprechend werden verletzte Menschenrechte, die als Code für diese Ordnung zu verstehen sind, zum Kriegsgrund. Menschenrechte sind aber nicht gerade ein Lieblingsthema bei der Durchsetzung des völkischen Imperialismus, wird doch dort erstmal die Frage gestellt, wer - neben den Deutschen - überhaupt als Vollmensch zählt.
Deshalb ist auch der neue Imperialismus, wie er sich im Rahmen der Kriege im ehemaligen Jugoslawien zeigte, darum bemüht, seinen antifaschistischen Charakter zu beweisen. Seit dem Ende der sozialistischen Staaten ist schon zu beobachten, daß an die Tradition der Allianz gegen Deutschland angeknüpft werden soll. Jeder Diktator oder Chef einer widerspenstigen Regierung wird zu einem neuen Hitler, aber diesmal steht Deutschland auf der richtigen, der siegreichen Seite. Und so wird besonders hierzulande immer stärker nach Parallelen zur eigenen Geschichte gesucht, über Massaker berichtet, ethnische Säuberungen und Konzentrationslager herbei interpretiert und ganze Institute zur Genozidprävention aus dem Boden gestampft.
Mit der Verkehrung der eigenen Rolle zum Gegensatz des historischen Vorgängers ist es gelungen, den Wiederauftritt Deutschlands auf der militärischen Weltbühne zur moralischen Notwendigkeit umzugestalten. Die Aggressionen werden jetzt als Lehren aus der eigenen Geschichte verbrämt. Und was die BRD aus der Niederlage des Dritten Reichs gelernt hat, sollen jetzt auch alle anderen begreifen müssen: Der Sieg des westlichen Demokratiemodells ist das Ende der Geschichte. Hinter dieser Formel steht gegenwärtig das gesamte demokratische Spektrum in der BRD. Wobei es besonders für die parlamentarische Linke unverzichtbar ist, die Abgrenzung vom Nationalsozialismus und die Lehre aus ihm, also das moralische Argument für die Aggression, in den Vordergrund zu stellen.

Zivilgesellschaft gegen Nazis

Damit wird die Frage des militärischen Handelns in der Außenpolitik zu einer Frage des Antifaschismus, der von der Regierung vertreten wird. Und da die moralische Konstruktion einen Anspruch auf Universalität hat, macht sie an den Grenzen nicht halt. Ein Antifaschismus, der für die BRD Kriege in der ganzen Welt rechtfertigt, muß auch in ihrem Innern gelten. Entsprechend folgerichtig ist das Engagement gegen Nazis. Zumal diese mit ihrem gesellschaftlichen Projekt einer Entwicklung Deutschlands zur tatsächlichen Großmacht nur im Weg stehen würden. So ist es kein Wunder, daß die Zivilgesellschaft aufgerufen ist, die antifaschistische Norm auch gegen die deutsche Naziszene durchzusetzen.
Wer oder was ist aber ist diese Zivilgesellschaft, von der plötzlich alle Welt redet, jene geheimnisvolle Waffe der Berliner Republik gegen das Übel der Nazibewegung? Im Prinzip soll es sich ja um eine Gesellschaft engagierter Bürgerinnen und Bürger handeln, die rassistischem und faschistischem Gedankengut überall dort, wo es sich zeigt, genauso entgegentreten wie Gewalt. Eine Masse von Menschen, die Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, in der sie leben, damit sie so bleiben kann, wie sie ist, weil sie durch ihren freiwilligen Einsatz die gröbsten Übel mildern oder gar beseitigen helfen. Zivilgesellschaft, das ist gelebte Demokratie, die die herrschende Verwaltung nicht stört, sondern entlastet. Ein Traum der einerseits als Verwirklichung linker Utopien freiwilliger Kooperation und Solidarität aller Menschen geträumt werden kann oder als die Verwirklichung der Volksgemeinschaft, die mit Eifer darüber wacht, daß alle an ihrem zugewiesenen Platz bleiben und wenn doch jemand mal nicht pariert, den Kontaktbereichsbeamten (Ex-Blockwart, Ex-ABV) anrufen.
Gegenwärtig ist die Zivilgesellschaft aber nur ein Kinofiktion, die gespielte Nazis aus dem öffentlichen Nahverkehr drängt. Was sich tatsächlich äußert, ist ein Kreis an altbekannten Organisationen: Gewerkschaften, PDS, SPD und Grüne, die im Verein mit den Stadtverwaltungen, ein paar KünstlerInnen und vielleicht einem engagierten Sparkassenvorstand Volksfeste, Konzerte und Kundgebungen in Städten veranstalten, die von einer Nazidemo heimgesucht werden. Ansonsten gibt es noch Initiativen, wie Aktion Noteingang und die Zentren für demokratische Kultur, die als Expertinnen für Rechtsextremismus auftreten und beharrlich versuchen zu erklären, was überhaupt Nazis sind und warum deren Gedanken nicht so normal sein sollten, wie sie es sind.
Diese NGOs des staatlichen Antifaschismus treten der Nazibewegung in der Regel nicht offen gegenüber. Schon gar nicht stehen sie vor dem Problem, direkt auf die gewalttätige Bedrohung durch die Nazis eingehen zu müssen. Für solche Fragen bemühen die braven StaatsbürgerInnen die Polizei, die im Rahmen der staatlichen Ordnung Demonstrationen und Gegenaktivitäten schützt. Damit wird das Engagement gegen Nazis zu einem demokratischen Wettbewerb mit diesen, in dem sich die guten BürgerInnen gar nicht mit den Nazis konfrontieren müssen. Statt dessen vertrauen sie auf ihre Medienmacht, die ihnen immer wieder zu einem Spiegel der Verhältnisse verhilft, in der die DemokratInnen die Mehrheit und die Nazis in der Minderheit sind.
Kommt es aber doch zur direkten Konfrontation zeigt sich die Ohnmacht jener Menschen, die das Wort von der Zivilgesellschaft zu ernst genommen haben. So waren es am 1. Mai in Berlin hauptsächlich AnhängerInnen der PDS, die ihr Neubaugebiet gegen einen Naziaufmarsch verteidigen wollten, gegen den der Berliner Senat keine große Aktion der Zivilgesellschaft zu organisieren bereit war. Sie trafen aber auf eine Polizei, die vom Engagement unbeeindruckt war und die Protestierenden vom Nazimob fern hielt, der seinerseits, hätte die Polizei nicht im Wege gestanden, die Zivilgesellschaft einfach von der Straße gefegt hätte. Als einen Monat später, am 9. Juni, eine kleinere Nazidemo in Böhlen stattfand, wurde das Konzept der Nichtkonfrontation und des Augenverschließens wie ehedem zum offiziellen Programm gemacht. Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei ließ wissen, daß es seinen Kollegen leichter falle, für den ordnungsgemäßen Ablauf einer Nazidemo zu sorgen, gegen die niemand etwas unternehme und der Böhlener Bürgermeister ergänzte, daß es ja auch ein deutlicher Protest sei, wenn man eine Nazidemo einfach ignoriere.
So wird gerade wieder das Ende des sichtbaren zivilgesellschaftlichen Aufstands gegen Nazis eingeläutet. Während die Verwaltungsgerichtsbarkeit dazu übergeht, Verbote von Nazidemos prinzipiell aufzuheben, professionalisiert die Polizei ihre Konzepte zu deren Schutz. Und wenn sich der Staub wieder gelegt hat, den der Antinazisommer 2000 aufwirbelte, ist es gut möglich, daß die kleinen und mittleren Aufmärsche zu einer Normalität geworden sind, gegen die niemand mehr etwas unternehmen kann und will.

Typen wie die haben immer eine in die Fresse verdient

Schon jetzt stellt sich ja die Frage nach der Bewertung der Aufmarschpraxis, bei der ständig zwischen 30 und wenigen hundert Nazis irgendwo im Nirgendwo demonstrieren. Natürlich hat das die Funktion, der Szene gemeinsame Erlebnisse zu verschaffen und Handlungsfähigkeit zu suggerieren. Andererseits wissen alle, die schon Demonstrationen dieser Größenordnung besuchten, daß solche Erlebnisse auch geeignet sind, das genaue Gegenteil zu erzeugen: das Gefühl einer umfassenden Sinnlosigkeit. Entsprechend hat der Vorschlag einiges für sich, die Aufmärsche differenziert zu bewerten, um nicht das ganze Leben damit zuzubringen, hinter Nazimobilisierungen herzulaufen und dabei im Zweifelsfall an der Polizeitaktik zu scheitern. (In Böhlen war zum Schutz der Nazis vor einer äußerst zaghaften Gegenmobilisierung Reiterstaffel und Hubschrauber im Einsatz.)
Die Kriterien für die Bedeutsamkeit eines Aufmarschs liegen dabei auf der Hand, entweder muß er aufgrund seiner Größe und Ausrichtung Bedeutung für die Nazibewegung haben oder aber seine gesellschaftliche Bedeutung muß über das Maß der öffentlichen Präsenz von Nazis hinausgehen.
Ersteres scheint am 1. September gegeben zu sein. Zum einen, weil der Schatten von 1998 auf jeder großen Nazimobilisierung lastet und Leipzig in den letzten drei Jahren für solche Vorhaben hat Tabu sein lassen. Zum anderen, weil mit Aufmärschen wie am 1. September versucht wird, erneut ein einigendes Moment für die immer noch vielfältige Kameradschaftsszene zu schaffen. Das Argument, daß mit einem solchen Moment auch wieder die Präsenz der Nazis als Problem auf der Straße steigen dürfte, gewinnt vor allem dann an Bedeutung, wenn damit eine Abkehr von der Orientierung an Wahlerfolgen einer NPD einhergeht.
Das zweite Kriterium hingegen ist eindeutig nicht erfüllt. Obwohl der Bezug auf den Beginn des II. Weltkriegs von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung ist in einer Zeit, in der deutsche Soldaten an alten Fronten stehen. Aber gegenwärtig läßt sich aus der oben beschriebenen Situation ersehen, daß es den Nazis mit ihren Themen nicht gelingen kann, gesellschaftlich Stichworte zu geben. Sie dienen dem Projekt Berliner Republik eher als Gegenstand der Abgrenzung.

Know Your Enemy!

Am 1. September stellt sich für eine linksradikale Antifapraxis also die Frage, wer gegenwärtig gefährlicher ist. Eine isolierte Nazibewegung, die zwar immer noch auf einem gesellschaftlichen Konsens schwimmt, der viele ihrer Inhalte teilt, beim positiven Bezug auf den Nationalsozialismus aber eine Grenze zieht, oder die gesellschaftliche Mehrheit, die gegenwärtig bereits das Unmögliche wieder möglich macht und von deutschem Boden erneut Kriege ausgehen läßt, um den eigenen Wertvorstellungen weltweit Geltung zu verschaffen? Sicher, das Projekt eines völkischen Imperialismus verdient es, wie alle Nazis überhaupt, angegriffen zu werden, wo es nur geht. Aber unter den gegebenen Bedingungen ist unmöglich, was 1998 noch ging: dabei mit der Zivilgesellschaft zusammen zu arbeiten.
Soll der gesellschaftliche Kontext nicht blindlings ausgeblendet werden, wird es notwendig sein, am 1. September auch genau jene anzugreifen, die bereit sind, sich für Deutschland und einen Imperialismus unter der Losung "Nie wieder Auschwitz!" den Nazis wenn auch nur symbolisch entgegenzustellen. Diese Gesellschaft muß an einem Tag, an dem des Anfangs des II. Weltkriegs gedacht werden soll, angegriffen werden, weil sie ein nicht nur mögliches, sondern tatsächliches Problem ist. Ihr Verschweigen der Kontinuität, in der sie steht, ihre Schamlosigkeit mit der sie die Opfer ihrer eigenen Geschichte instrumentalisiert, um ihre Interessen durchzusetzen und ihr Projekt der Großmachtpolitik und der militärischen Durchsetzung eines weltweiten Kapitalismus sind Gründe genug, nicht nur ein Bündnis für unmöglich zu erklären, sondern offensiv gegen die Mitte der Gesellschaft vorzugehen.
Dabei handelt es sich auch um eine Auseinandersetzung um den Begriff des Antifaschismus, den diese Mitte für sich reklamiert. Wenn es am 1. September nicht gelingt, die linksradikale Antifapraxis so zu gestalten, daß sie nicht als zivilgesellschaftliches Projekt interpretiert werden kann, dann wird die radikale Linke ein Stück mehr die Möglichkeit verlieren, antifaschistisch zu agieren, weil sie mit ihrem Handeln Teil der Herrschaftslegitimation wird.

Krieg dem Krieg!

Für die zweifelsohne notwendige Positionierung einer radikalen Linken am 1. September in Leipzig kann es nicht darum gehen, sich innerhalb der falschen Alternative zwischen einem völkischen und einem zivilgesellschaftlich verbrämten Imperialismus zu entscheiden. An einem geschichtspolitisch bedeutsamen Datum wie dem 1. September kann es ihre Aufgabe nur sein, eindeutig Stellung gegen alle Projekte eines deutschen Imperialismus zu beziehen. Dabei geht es nicht darum eine Einheit zwischen Nazis und Regierungspolitik zu konstruieren, die so nicht vorhanden ist, sondern die eigene Position deutlich zu machen.
Wie das gehen kann, angesichts einer medialen Übermacht angekündigter zivilgesellschaftlicher Antinaziproteste, einer mit Sicherheit von einer Vielzahl von Polizei bewachten Naziveranstaltung und einer Situation, in der sich Bündnisarbeit weitgehend verbietet, müssen die nächsten Monate zeigen. Der 1. Mai in Berlin ist sicher ein Anhaltspunkt, gelingt es doch dort seit Jahren, die Demonstrationen der Nazis zur Nebensache zu degradieren, wenn eine radikale Linke sich selbst feiert. Was aber im September in Leipzig möglich sein wird, hängt auch zum nicht unwesentlichen Teil von der Bereitschaft ab, tatsächlich den Anlaß zun einem Ereignis für die radikale Linke werden zu lassen. Ziel aller anderen wird es jedenfalls sein Deutschland zu schützen.

aus: Klarofix 07/01

Ein 1. Mai im September oder "Wir wollen alles kaputt machen ..."[druckversion]