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left action - linksradikale Gruppen in  Leipzig - Archiv
 

01.08.2001

Amt für wirklich wichtige Arbeit

Aktion auf dem Grenzcamp

Arbeitsamt 60311 Frankfurt 01.08.2001


Mein Zeichen:
S 354-1678 B 214-2134
Auftrag:
F 08901/438600 34456

Ihr Ansprechpartner:
Frau Flenzer
Telefon: 069/2171-0
Faxnummer: 069/2171-20


Sehr geehrte/r Dame/Herr,

ich freue mich, Ihnen folgende Arbeitsstelle vermitteln zu können

Tätigkeit: Faulenzerin/Faulenzer
Firma: Standort Deutschland
Anforderungen: ausgeprägte Hobbies, Lügendetektor-Festigkeit, vor allem auf Ämtern Frustrationstoleranz gegenüber diffamierender Presse, Freude am Müßiggang, Geruhsamkeit und einem guten Leben, Sparsamkeit bzw. keine Scheu vor gelegentlicher "Schwarzarbeit"
Lohn/Gehalt: anfänglich Arbeitslosengeld, dann -hilfe, später Sozialhilfe, eigene Nebeneinkünfte, Erbschaften, Fundsachen etc.
Arbeitszeit: keine
zu besetzen: ab sofort, unbefristet
bei: ihnen zu Hause oder in ihrem Lieblingsferiendomizil

Vereinbaren Sie bitte umgehend einen Vorstellungstermin. Wenden Sie sich bei obengenanntem Arbeitgeber (ihrer Familie, ihrem Freundeskreis, anderen glücklichen Faulenzer/innen etc.). Nehmen Sie dieses Schreiben zur Vorstellung mit.

Bitte teilen Sie uns das Ergebnis Ihrer Verhandlungen auf keinen Fall schriftlich, telefonisch oder persönlich mit. Wir wollen auch mal unsere Ruhe haben.

Beachten Sie bitte die Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Arbeitsamt



Rückseite: Rechtsfolgebenlehrung


Faulenzerin/Faulenzer...
ist einer der ehrenwertesten Berufe, die wir vom Arbeitsamt vermitteln können. Da Sie als neu gewonnene/r Faulenzer/in über viel freie Zeit verfügen, können wir Ihnen auch unsere 9 Thesen zumuten:

1. Von Luther bis Hitler, von der traditionellen Arbeiterbewegung bis zur modernen Sozialdemokratie sind alle der Meinung, dass Arbeit die Menschen glücklich oder frei macht. Und wer das nicht einsieht, muss zu seinem Glück gezwungen werden oder soll nichts zu Essen bekommen.

2. Dabei wissen wir alle, dass Arbeit mühselig, ungesund, anstrengend, nervend, unangenehm, monoton und sinnlos ist. Vor allem wir hier auf dem Arbeitsamt wissen das. Unsere eigene Arbeit kotzt uns an. Jeden Tag kommen Unmengen von Menschen und wollen wie verrückt Arbeit von uns. Dabei wissen doch alle, dass es keine Arbeit mehr gibt. Die Arbeit, die wir ab und zu vermitteln können ist furchtbar - kein vernunftbegabter Mensch würde da freiwillig hingehen. Und jene, denen wir uns eigentlich verbunden fühlen - den professionellen Faulenzer/innen -, müssen wir schikanieren: mit sinnlosen Weiterbildungskursen, Zwangsarbeit oder Geldkürzungen.

3. Vor Jahrhunderten waren viele Menschen noch schlauer. Sie arbeiteten soviel, wie sie für das eigene Leben benötigten. Was selbst nicht produziert werden konnte, wurde getauscht. Zufällig entstandener gesellschaftlicher Reichtum wurde auf rauschenden Festen verprasst. Es gab keine Uhren, Stechkarten, keine Ausbeutung und keine nationalistischen Gewerkschaften. Mit dem weltweiten Siegeszug des Kapitalismus sind aber nicht nur diese guten Verhältnisse Vergangenheit, sondern auch jeder utopische Gedanke auf ein Leben ohne den Zwang zur Arbeit scheint sich wie von selbst zu verbieten. Die meisten Menschen lügen sich diesen Zwang, der ja nur dadurch entsteht, dass wir heutzutage ohne Geld unsere menschlichen Bedürfnisse nicht befriedigen können und ohne Arbeit kein Geld bekommen, so zurecht, dass sie froh sind, wenn sie arbeiten "dürfen".

4. Ihr Arbeitsamt ist nicht der Auffassung, dass menschliche Tätigkeit als solche zu verurteilen sei. Ganz im Gegenteil. Nur sollte jeder so viel tun und lassen, wozu er gerade Lust hat. Niemand will einfach nur den ganzen Tag rumliegen, wie es den Faulenzer/innen gern unterstellt wird. Uns geht es vielmehr um den verurteilenswerten Zwang zur Lohnarbeit: schlecht bezahlt, gefährlich, acht quälend lange Stunden am Tag, die Überstunden nicht zu vergessen, ohne Einfluss auf die Dinge, die produziert werden, und auf die Art und Weise, wie produziert wird.

5. Dieser Zwang zur Arbeit ermöglicht nicht menschliches Leben, sondern zerstört es. Niemand, der 40 Stunden in der Woche schuften muss, kann ehrlicherweise behaupten, vor der Rente ein glückliches Leben zu haben. Und alle jene, die es sich schon vor der Rente gut gehen lassen wollen und aus dem Zwangssystem ausbrechen, sind ständigen Schikanen durch die Gesellschaft ausgesetzt: Bundeskanzler Schröder hetzt gegen die faulen Arbeitslosen, die arbeitenden Mitmenschen wandeln ihren Neid in Hass auf die Arbeitslosen um und das Arbeitsamt wacht misstrauisch über die vermeintlichen "Sozialschmarotzer".

6. Dabei ist zu festzuhalten: Wer nicht arbeitet und sich für 1000,- DM oder 2000,- DM Arbeitslosengeld monatlich ein paar Konsumgüter leistet, richtet weniger Schaden an als die meisten, die jeden Tag malochen gehen: sei es in der Rüstungsindustrie, in der Atomwirtschaft, in der Autoindustrie, in der Landwirtschaft, bei der Polizei oder bei der Ausländerbehörde.

7. Apropos Ausländerbehörde. Nicht nur wir vom Arbeitsamt haben in den letzten Jahrzehnten viel Mist gebaut, für den wir uns hier und heute in aller Öffentlichkeit entschuldigen wollen. Auch unsere Kolleg/innen der Ausländerbehörde sind nicht frei von Schuld.

8. Wer genau hinsieht, erkennt: Die Ausländerbehörde ist auch nur eine Abteilung des Arbeitsamtes - eines Arbeitsamtes für Ausländer/innen. Schließlich geht es nur darum, strebsame Ausländer/innen zur Arbeit nach Deutschland zuzulassen, zu locken oder zu verschleppen - je nach Konjunkturlage und Arbeitskräftebedarf. Alle anderen Ausländer/innen, die der deutschen Wirtschaft nicht nutzbar gemacht werden können, sollen ausgewiesen und abgeschoben werden. Die Hetze gegen arbeitslose Ausländer/innen ist um ein vielfaches stärker als die, die sich gegen deutsche Arbeitslose richtet. Aufgrund ihrer rassistischen Komponente entfaltet diese Hetze oft eine mörderische Wirkung: sei es an den deutschen Außengrenzen, in den "national befreiten Zonen", in den Abschiebeknästen oder bei den Abschiebungen.

9. Ausländer/innen sind aber aufgrund ihrer rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Marginalisierung und Diskriminierung umso besser ausbeutbar: Sie arbeiten als Gastarbeiter/innen, Green-Card-Inhaber/innen, illegalisierte Arbeitsmigrant/innen oder Saison-Arbeitskräfte billiger und williger als Deutsche. Doch anstatt dass deutsche Gewerkschaften und Arbeiter/innen gegen die Ausgrenzung und verschärfte Ausbeutung von Ausländer/innen protestieren, üben sie sich nur in nationalistischen Abgrenzungsritualen und wollen den deutschen Arbeitsmarkt vor vermeintlich fremden Einflüssen schützen. Dies ist umso schändlicher, wenn man bedenkt, dass unser Reichtum auch massgeblich auf der Ausbeutung der Dritten Welt beruht, jenen Ländern, denen während und nach der Kolonialzeit durch brutale Gewalt der Arbeitswahn aufgedrückt wurde. Wenn es die verarmten Ausländer/innen nun schaffen, die Festung Europa zu überwinden, dann sollte es also selbstverständlich sein, ihnen ein sorgen- und arbeitsfreies Leben zu garantieren anstelle sie doppelt so stark schuften zu lassen als wir es selber tun müssen.

Deswegen fördern wir als Arbeitsamt in Zukunft nur noch folgende Kurse:

Für Deutsche und Ausländer/innen:
  • fortgeschrittenes Faulenzen
  • psychologisches Training zum Abbau des verinnerlichten Arbeitszwanges

Für Deutsche:
  • Solidarität mit arbeitenden und nicht-arbeitenden Ausländer/innen

Für Ausländer/innen:
  • Diebstahl zur Wiederaneignung des geraubten gesellschaftlichen Reichtums aufgrund der ungerechten Weltwirtschaftsordnung

 

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